Mobile Arbeitswelt "Einmal muss man sich persönlich sehen"

BONN · Für manche Mitarbeiter der Telekom spielt es immer weniger eine Rolle, wo sich das Büro befindet. Wenn Titus Gleißner in diesen Wochen Telefonkonferenzen einberuft, hat er nur ein schmales Zeitfenster. Mitarbeiter des Kunden arbeiten in Malaysia, die Kollegen in der Projektorganisation haben ihren Sitz im amerikanischen Houston, in London und Amsterdam.

 Telefonkonferenz mit Headset: IT-Experte Titus Gleißner von bei T-Systems leitet ein Projekt mit Kollegen aus Asien, den USA und Europa.

Telefonkonferenz mit Headset: IT-Experte Titus Gleißner von bei T-Systems leitet ein Projekt mit Kollegen aus Asien, den USA und Europa.

Foto: Roland Kohls

Der 51-jährige leitet internationale Projekte für Kunden von T-Systems, die dem Unternehmen IT-Dienstleistungen anvertraut haben. T-Systems ist die Großkundensparte der Deutschen Telekom.

Smartphones und Tablet-PC prägen die Kommunikation bei T-Systems genauso wie bei anderen Unternehmen. Für viele Managementtätigkeiten gilt: An welchem Ort sich das Büro befindet, spielt immer weniger eine Rolle. Gleichzeitig hat sich die Telekom strikte Regularien gegeben, damit das Verhältnis von Privat- und Berufsleben nicht aus dem Gleichgewicht gerät.

"Den Arbeitsalltag bestimmen Telefonkonferenzen", sagt Gleißner. Gelegentlich nutze er auch die Zusammenkunft über das Internet. "Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass man sich einmal persönlich kennengelernt hat." Wenn man wisse, wie der andere "tickt", sei die Zusammenarbeit einfacher.

Das bedeute nicht, dass man sich immer wieder treffen müsse. Aber bei seinem vorhergehenden Projekt sei es ihm wesentlich leichter gefallen, mit seinen indischen Kollegen zusammenzuarbeiten, nachdem er sie einmal kennengelernt habe. Wenn man einmal die kulturellen Unterschiede erkannt hat, sei das gegenseitige Verständnis größer. "Jetzt stoße ich natürlich an Grenzen", so Gleißner. Er könne nicht für jedes kleinen Projekt Kollegen aus anderen Ländern einfliegen lassen

Der Wirtschaftsingenieur hat 1997 in der IT der Telekom selbst angefangen. Als die Telekom alle IT-Dienste in der T-Systems zusammengefasst habe, sei es zu mehreren Neuorganisationen gekommen. Aber hier habe er die Vorteile moderner Kommunikation kennengelernt: "Die Familie konnte in Bonn wohnen bleiben, mein Büro war mal in Frankfurt, mal in Eschborn, mal in Berlin." Teilweise habe er von zu Hause gearbeitet. Andere Kollegen sei es genauso gegangen.

Deshalb habe man auch damals schon viel per Audio- und Videokonferenz erledigt. "Ich habe kein Auto, sondern eine rollende Telefonzelle." Es sei nicht möglich, alles per Mail zu erledigen. Er sehe in den modernen Kommunikationsmitteln vor allem die Vorteile: "Es ist hervorragend, dass die Menschen ihre Arbeit von jedem Ort aus erledigen können."

Heute befindet sich sein Büro am T-Systems-Standort in der Bonner Vorgebirgsstraße. Aber letztlich sei der Büro-Standort unwichtig: "Ich brauche einen sehr guten Stuhl, einen Schreibtisch, den ich in der Höhe verstellen kann, und eine Docking-Station, in die ich mein Laptop stellen kann."

"Nicht die Möglichkeiten der Technik sind das Problem, sondern - wie immer - der Umgang damit in einer verantwortlichen Grundhaltung ist es", sagt Marion Schick, Personalvorstand bei der Deutschen Telekom. Regelungen, die helfen, den vernünftigen Umgang mit Mails und Telefonaten im Unternehmen zu regeln, hält sie für wichtig.

Nicht jede Mail, die nach Feierabend geschrieben werde, überfordere die Mitarbeiter. "Als klug Führende mache ich mir aber bewusst, was sie eventuell beim Empfänger auslöst", so Schick. Daher müsse man sich einmal mehr überlegen, ob man diese Mail nicht auf den nächsten Arbeitstag verschiebe.

Da überlegt sich auch Hannes Fischer genau: "Wenn ich erwarte, dass jemand sofort auf meine Email antwortet, dann schreibe ich das auch hinein." Der 44-jährige ist bei T-Systems weltweit verantwortlich für die Entwicklung von mobilen Unternehmenslösungen. "Ich bin ein sehr mobiler Mitarbeiter", sagt Fischer über sich selbst. Er sei sehr viel beruflich unterwegs, aber versuche das auch mit seinem Privatleben zu vereinbaren. Zwei bis drei Tage in der Woche verbringt der gebürtige Österreicher nicht an seinem Standort München, wo er sein Büro hat und mit seiner Familie lebt.

"Wir genießen es beide sehr, wenn ich meinen dreijährigen Sohn in den Kindergarten bringen kann." Das sei ein echter Gewinn an Lebensqualität. Aber per Smartphone oder Tablet PC könne er auch von unterwegs beispielsweise eine Marketingbroschüre freigeben. "Aufpassen muss ich, dass ich nicht immer schneller arbeite und mir selbst noch das eine oder andere Päckchen auflade", sagt Fischer. Er sehe als Vorteil, dass er von dienstlichen Prozessen nicht abgeschnitten sei, wenn er unterwegs ist.

"Man muss klare Grenzen ziehen, damit man privates und berufliches Lebens im Gleichgewicht behält". Er habe eine Familie, die sehr viel Verständnis mitbringe. "Man braucht aber ein hohes Maß an Selbstdisziplin." Er habe eine große zeitliche Flexibilität und begrüße das. Mit den modernen Geräten sei er schnell online, aber auch schnell wieder offline. "Es gehört soziale Kompetenz dazu, mit modernen Medien umzugehen." Wenn das Ansehen im Job in Ordnung sei, falle es auch leichter, einmal Nein zusagen.

Gute Erfahrungen gibt es mit Beschäftigten, die sich einen Schreibtisch teilen. Bei T-Systems in Frankfurt gibt es ein Pilotprojekt, bei dem die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten oder sich im Büro vorab einen Schreibtisch reservieren. 62 Teilnehmer aus dem Verkauf oder der IT nutzen das Projekt.

Erstes Zwischenergebnis: Alle Teilnehmer würden sich wieder dafür entscheiden. 91 Prozent sagen, dass es ein Gewinn an Lebensqualität ist.

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