Bundeskartellamt will eigene Überwachungsstelle für Stromkonzerne

Kartellamtspräsident Andreas Mundt äußerte sich am Donnerstag im Gespräch mit unserer Zeitung enttäuscht über den Atomkompromiss. Mundt drängt jetzt aber darauf, dass beim Kartellamt eine sogenannte Markttransparenzstelle für den Strommarkt eingerichtet wird.

Bundeskartellamt will eigene Überwachungsstelle für Stromkonzerne
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Das Bonner Bundeskartellamt will nach der Verlängerung der Atomlaufzeiten die Stromkonzerne mit einer eigenen Überwachungsstelle kontrollieren.

Kartellamtspräsident Andreas Mundt äußerte sich am Donnerstag im Gespräch mit unserer Zeitung enttäuscht über den Atomkompromiss: "Für den Wettbewerb bringt das nichts." Durch die Abschaltung der Atomkraftwerke wäre ein Fünftel der Kapazität zur Stromerzeugung für Wettbewerber freigeworden, erläuterte Mundt. Bei der Verlängerung der Laufzeiten hätten deshalb die vier großen Kraftwerksbetreiber E.on, RWE, EnBW und Vattenfall verpflichtet werden müssen, diesen Anteil an andere Erzeuger abzugeben.

Das sei wohl auch deshalb nicht passiert, weil die Stromkonzerne die Kosten dafür bei der Bundesregierung geltend gemacht hätten. "Wir finden das bedauerlich." Eine nachträgliche rechtliche Handhabe gegen die Atom-Einigung habe das Bundeskartellamt nicht.

Mundt drängt jetzt aber darauf, dass beim Kartellamt eine sogenannte Markttransparenzstelle für den Strommarkt eingerichtet wird. Dies sei im Koalitionsvertrag vereinbart. Von dort aus könne die Stromproduktion dann praktisch in Echtzeit kontrolliert werden, etwa, wann welche Kraftwerke ans Netz gehen oder vom Netz genommen werden.

In einer großangelegten sogenannten Sektoruntersuchung zum Strommarkt hat das Kartellamt die Kraftwerksbetreiber im Viertelstundentakt überwacht. Einen Zwischenbericht zu dieser Sektoruntersuchung will die Behörde im Spätherbst veröffentlichen. Hintergrund der Überwachung ist unter anderem der Verdacht, dass die Energiekonzerne den Strompreis durch gezielte Zu- oder Abschaltung von Kraftwerken manipulieren könnten.

Laut Mundt entfallen 80 Prozent der Stromproduktion in Deutschland auf die vier großen Energiekonzerne. Bei der Überwachung des Strommarkts will das Bundeskartellamt auch eng mit der Bundesnetzagentur sowie der Finanzaufsicht Bafin zusammenarbeiten. Die Bafin spiele vor allem deshalb eine Rolle, weil Strom an der Börse gehandelt wird.

Eine Marktaufteilung unter wenigen großen Unternehmen, ein sogenanntes Oligopol, sieht das Bundeskartellamt auch auf dem Mineralölmarkt. Verbotene Preisabsprachen zwischen Aral, Esso, Shell, Total, Avia und Jet hätten zwar nicht festgestellt werden können. Allerdings sei auffällig, dass die Spritpreise abzüglich Steuern in Deutschland im europäischen Vergleich hoch seien. Dies, obwohl Deutschland eine gute Infrastruktur besitze, viele Raffinerien, und als Transitland hierzulande auch besonders viel Sprit verkauft werde.

Mundt: "Wir müssten deshalb eigentlich viel niedrigere Spritpreise haben." Es bestehe der Verdacht, dass die Unternehmen ihre Marktmacht gebrauchen, um hohe Preise durchzusetzen. Das Kartellamt führt deshalb auch auf dem Mineralölmarkt eine Sektoruntersuchung durch. Dabei beobachtet die Bonner Behörde die Spritpreise von jeweils 100 Tankstellen in Köln, Hamburg, München und Leipzig.

Als Zwischenergebnis dieser Sektoruntersuchung sei das Oligopol festgestellt worden. Diese Feststellung hat Konsequenzen für die Firmen: Sie dürfen dann laut Mundt keine Tankstellen von anderen Firmen dazukaufen. Deshalb habe das Bundeskartellamt auch den Kauf von 59 OMV-Tankstellen in Ostdeutschland durch Total untersagt. Allerdings hatte eine Klage Totals gegen diesen Beschluss vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf im August Erfolg. Letztinstanzlich wird der Bundesgerichtshof entscheiden, wo wiederum das Kartellamt Beschwerde eingelegt hat.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Viel Potenzial bei Ungelernten
Kommentar zur Arbeitslosenquote Viel Potenzial bei Ungelernten
Zum Thema
Aus dem Ressort