ARD-Film zeigt Adenauer "Pflege-Oase"

Die Villa am Buttermarkt in Adenau, eine Einrichtung des Trägervereins Projekt 3, steht im Mittelpunkt der Reportage "Die Pflege-Oase - Ein Heim geht neue Wege", die erstmals an diesem Sonntag von 13.15 Uhr bis 13.45 Uhr im ARD-Fernsehen ausgestrahlt wird.

ARD-Film zeigt Adenauer "Pflege-Oase"
Foto: Martin Gausmann

Adenau. Und es gibt sie doch: Altenpflege, die nichts mit Vernachlässigung, Misshandlung und Missachtung der Menschenwürde zu tun hat oder mit erschreckenden Meldungen über Zwangsernährung, Pflegekräfte ohne Zeit für menschliche Hinwendung und Senioren, die mit Psychopharmaka ruhig gestellt und sogar gefesselt werden.

Die Villa am Buttermarkt in Adenau, eine Einrichtung des Trägervereins Projekt 3, steht im Mittelpunkt der Reportage "Die Pflege-Oase - Ein Heim geht neue Wege", die erstmals an diesem Sonntag von 13.15 Uhr bis 13.45 Uhr im ARD-Fernsehen ausgestrahlt wird.

Eine Frau liegt in der Badewanne. Mit geschlossenen Augen genießt sie die Wärme des Wassers. Ihr Nacken ruht auf einem aufgeblasenen Bade-Delfin, Rücken und Knie werden sanft von Pflegerinnen gehalten, die zudem Rosenblätter ins Wasser streuen. "Der Badegast ist kein Wellnesstourist, sondern die 100-jährige Frau Müller", sagt die Stimme aus dem Off, und Heimleiterin Margarete Scherer-Vehrs erklärt, dass die Seniorin schwer demenzkrank ist und von der Außenwelt kaum noch etwas in ihr Bewusstsein dringt: "Mit Düften erreichen wir sie noch am besten."

Die erste Szene des Films bewegt, aber bevor der Zuschauer sentimental wird, folgt der Cut: Ausflug auf die Nürburgring-Nordschleife. Singende Senioren werden von Pflegedienstleiter Raffael Sorbilli über die Rennstrecke kutschiert, die für sie Heimat und Rückkehr in die Jugendzeit zugleich bedeutet. Wenig später trauert das Publikum über den Tod eines Bewohners.

Das Sterben gehört zum Leben dazu, ebenso wie die Freude, die der Pflegedienstleiter einem Bewohner macht, dessen liebstes Spielzeug kaputt ging: Sorbilli hat für ihn einen neuen Geldspielautomaten für fünf Euro im Internet ersteigert. Der Senior will sich nach der Geschenkübergabe nicht mehr waschen lassen, weil er spielen will.

Bei der Vorpremiere am Donnerstag in der Villa am Butterberg verfolgten die rheinland-pfälzische Sozial- und Gesundheitsministerin Malu Dreyer, Bewohner, Mitarbeiter und Besucher des Hauses den Film. Das Geheimnis der guten Pflege im Haus sei, dass der Träger als eingetragener Verein nicht gewinnorientiert arbeitet, sondern alle Überschüsse wieder in die Pflege investiert, urteilt der Autor im Film. Umstrukturierung, Empathie und der Wille, Neues auszuprobieren, sieht die Heimleiterin, die auch Mitglied in der erweiterten Geschäftsleitung von "Projekt 3" ist, als Gründe.

Aber auch am Buttermarkt ist nicht alles in Butter. Das wurde deutlich im Film wie beim Podiumsgespräch mit Moderator Jürgen Flettner und Landesministerin Dreyer, dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, Hermann-Josef Romes, Ursula Weibler-Villalobos vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz, Heimleiterin Scherer-Vehrs und Filmautor Gottlob Schober (SWR).

Einig waren sich alle vor allem darin: Der so genannte "Pflege-TÜV", die Prüfung von stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegeanbietern durch den MDK, bringt in seiner jetzigen Form nichts: Er sage nichts über die Qualität, sondern nur etwas über die Dokumentationsfähigkeit eines Hauses aus. Für Film- und Buchautor Schober, der seit zehn Jahren für Report Mainz arbeitet und auf das Thema Altenpflege spezialisiert ist, war "hochspannend", dass die Villa am Buttermarkt nicht teurer als vergleichbare Einrichtungen sei, und der Trägerverein vier Kräfte in der Verwaltung abgebaut habe, um sie in der Pflege zu schaffen.

"Das wirkt sich auf die Qualität aus." Auch in Adenau arbeite das Personal am Limit, aber nicht darüber. Vor allem sei es motiviert, was etwa der niedrige Krankenstand zeige. Grund sei, so Schober, die Philosophie des Hauses, die der Vorstellung der Pflegekräfte von ihrem Beruf entspreche.

Dem Filmteam hätten beim Dreh im Sommer 2010 alle Türen offen gestanden, sagte Schober: "Es hätte auch in die schlechte Richtung laufen können, aber so wirbt der Film für diese Art der Pflege. Er provoziert, und andere Heime müssen sich fragen lassen, warum es bei ihnen nicht ähnlich gut funktioniert."

Villa am Buttermarkt Die 1995 eröffnete Villa am Buttermarkt hat 89 Bewohner und widmet sich seit 14 Jahren dem Thema Demenz. Sie verwirklicht auf drei Etagen spezielle Konzepte für altersverwirrte Menschen. Im "Dorf" mit Mobiliar wie anno dazumal finden Gruppen-Aktivitäten statt. Im Bereich "Auf dem Lande" leben Demenzkranke im fortgeschrittenen Stadium, die sich verbal nicht mehr äußern können; in der "Pflege-Oase" sorgen unter anderem Wassersäulen und Wellnessbäder für einen Zugang zu den Menschen, die nur wenig von ihrer Umwelt mitbekommen und komplett auf Pflege angewiesen sind. Die "Pflege-Oase" wurde 2008 Leuchtturmprojekt des Bundesgesundheitsministeriums.

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