Wühlmäuse unterminieren Damm in Bengen

Auch vor der offiziellen Bauabnahme schützt das Hochwasser-Rückhaltebecken vor Überflutungen - Volker Siefke vom Bauamt kontrolliert das Bauwerk regelmäßig

Grafschaft-Bengen. Bei den heftigen Regenfällen in der ersten Jahreshälfte rätselten Bengener Bürger, warum der Bach anschwoll, das Hochwasser-Rückhaltebecken aber weitgehend leer blieb. Denn der Damm und die technischen Einrichtungen, die das Grafschafter Dorf vor Überschwemmungen schützen sollen, sind bereits seit zwei Jahren vollendet. Abgenommen wurde das Bauwerk bislang aber noch nicht.

Etwaige Schlamperei bei der Arbeit oder Mängel am Bauwerk sind allerdings nicht der Grund. "Vor der endgültigen Abnahme ist ein Probestau erforderlich", erklärt der Leiter des Grafschafter Bauamts, Friedhelm Moog. Dafür müsse man den Bach bei normaler Witterung ein halbes bis dreiviertel Jahr stauen, um die erforderliche Höhe von 11,30 Meter zu erreichen. "Unterhalb des Damms würde der Bach trockenfallen, die Fische und andere Lebewesen würden sterben, und oberhalb des Beckens würden die Forellen vermutlich aus den Teichen gespült", erklärt Moog. Er hofft, das Problem eines Probestaus noch in diesem Jahr mit Vertretern der Oberen Wasserbehörde klären zu können.

Moog führt auch an, dass das Bengener Becken nur erstes von drei Projekten zum Hochwasserschutz ist. Ein Becken unterhalb des Deutschen Ecks beziehungsweise oberhalb von Gimmigen wird gerade von der Kreisstadt geplant, und als Drittes kommt ein Becken oberhalb von Nierendorf hinzu.

Die Gemeinde Grafschaft und die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler bauen den Hochwasserschutz für das gesamte Bachtal sowie die untere Ahr gemeinsam. Das heißt, dass sich die Kreisstadt zu 25 Prozent an den Kosten für Bengen beteiligt hat und die Grafschaft sich am Gimmiger Becken beteiligen wird. 50 Prozent der Kosten trägt das Land. Wenn alle drei Projekte vollendet sind, wird das Land 80 Prozent der Gesamtkosten tragen, hofft Moog. Denn dann sei die "Übergebietlichkeit" des Gesamtwerks dokumentiert.

Was einigen Bengenern entgangen sein könnte: Das Bengener Becken ist bereits in Betrieb. "Und es funktioniert", sagt Moog. Bei heftigem Regen wurde der untere Schieber bereits einige Male auf eine Durchflusshöhe von 30 Zentimetern gestellt. Und so blieb der Bach in der Bogen-und der Bachstraße in Bengen in seinem Rohr, die Kanaldeckel blieben an ihrem Platz. In der Vertiefung vor dem Einfluss zum Durchlassbauwerk sammelte sich das Wasser drei bis vier Meter hoch.

Das ist allerdings verschwindend wenig verglichen mit der Kapazität des Bauwerks. Voll gestaut, kann das Wasser 11,50 Meter hoch steigen. 125 000 Kubikmeter fasst das für ein 1 000-jähriges Hochwasserereignis ausgelegte Becken. Das wie eine Talsperre konzipierte Bauwerk kann so viel Wasser aufnehmen, wie theoretisch nur ein Mal in 1 000 Jahren auf das Bachsystem prasselt.

Das Einzugsgebiet des Bengener Bachs ist groß, es reicht bis nach Karweiler und in die andere Richtung bis zur Wasserscheide zwischen Vettelhoven und Bölingen. Wenn alle drei Becken fertig sind, können 400 000 Kubikmeter Wasser aufgefangen und kontrolliert in das darunter liegende Bachsystem und von da in die Ahr abgelassen werden. Mag sein, dass Generationen von Bengenern, Nierendorfern und Gimmigern das nie erleben.

Indes hütet und betreut die Gemeinde Grafschaft ihren 1,5-Millionen-Bau im Bengener Tal. Sie hat Volker Siefke aus dem Bauamt zum Dammwart ausbilden lassen. Bei seinen wöchentlichen Ortsbesichtigungen kontrolliert er die Schiebeeinrichtungen, den Damm und die sichtbaren Betonteile genauestens auf Risse und Beschädigungen. Wenn Holzteile angeschwemmt sind, lässt er sie vom Bauhof der Gemeinde entfernen. "Großes Problem sind momentan die Wühlmäuse im Damm", berichtet Siefke. Trotz der hohen Sitzstangen für Bussarde findet sich Mauseloch neben Mauseloch.

Als Gegenmaßnahme ist vorgesehen, die Herde von Schäfer Kurt Niederberger auf das Gelände zu lassen, damit die Tiere mit ihren Hufen die Erde wieder verdichten. Unterschiedlich hoch kann Wasser im Becken gestaut werden. Dazu sind zwischen 1,50 und 11,30 Meter in verschiedener Höhe Schieber angebracht, die geschlossen werden können. Bei der 11,50 Meter-Marke fließt das Wasser durch einen Notüberlauf ab.

Ist viel Regen angekündigt, macht sich Siefke auf den Weg zu seinem Damm. "Meistens regnet es am Wochenende besonders stark", hat er bereits erfahren. Darum lasse die Gemeinde am Bauhof eine Wetterstation installieren. "Dann werde ich automatisch informiert, falls mitten in der Nacht oder am Morgen viel runter kommt." Für den Ernstfall sei eine Zusammenarbeit mit der Grafschafter Feuerwehr vereinbart. "Es gibt einen Notfallplan, der dann in Kraft tritt", sagt Siefke.

So sind die Bengener Bürger erst einmal vor Hochwasser sicher. Und im Dorf unter der Autobahn wird es nicht mehr so aussehen, wie bei den heftigen Regenfällen 1984 und 1994, als Kanaldeckel fortschwammen, Häuser im Wasser standen und der Bach seine braune Brühe in einer Breite wie die Ahr durch das Dorf und unter der Autobahnbrücke durch in Richtung Tal schob.

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