Vier Sprengungen pro Tag treiben "Praxedis" voran

Bis zu seiner Fertigstellung trägt der Lingenbergtunnel in Altenahr den Namen seiner Taufpatin - Mit der Freigabe wird im Sommer nächsten Jahres gerechnet - Baronin von Boeselager wünscht Mineuren "Glück auf"

Vier Sprengungen pro Tag treiben "Praxedis" voran
Foto: Gausmann

Altenahr. Sekunden nachdem das Hupsignal verhallt ist, erschüttert ein gewaltiger Knall das Tal zwischen Kreuzberg und Altenburg. Die folgende Druckwelle lässt die Menschen, die das Spektakel aus wenigen Metern verfolgen, vor Schreck einen Schritt zurückweichen.

Oberhalb des riesigen sich aufblähenden Vorhangs, der einen der beiden Bögen des künftigen Lingenbergtunnels bedeckt, entweicht eine dichte Staubwolke, die sich wie in Zeitlupe dem Himmel entgegenschraubt. Der Geruch von Sprengstoff liegt in der Luft. Mit Applaus honorieren die zahlreichen Beobachter den gelungenen Anschlag am Lingenbergtunnel, zu dem das Bundesbauministerium am Donnerstag Vertreter der Landes- und Kommunalpolitik sowie die Bevölkerung eingeladen hatte.

Der Tunnel gehört zum letzten Teilstück der B 257, mit dem die Ortsumgehung Altenahr vollendet sein wird. Die Kosten für den insgesamt 405 Meter langen Bauabschnitt belaufen sich auf insgesamt 7,5 Millionen Euro, die ausschließlich vom Bund getragen werden. Bisher haben sich die Mineure 12,20 Meter tief in den Berg hineingearbeitet.

"Noch liegen etwa 250 Sprengungen vor uns, bis wir am anderen Ende angekommen sind", rechnet Bauleiter Volker Graubner von der Firma Schachtbau aus Nordhausen/Harz vor. Erklärtes Ziel ist, pro Tag vier Sprengungen zu schaffen und damit die Röhre jeweils sechs Meter voranzutreiben. Gehen die Arbeiten wie geplant voran, soll die Strecke im nächsten Sommer fertig sein.

"Für die Menschen hier in Altenahr geht von dem heutigen Tag ein klares Signal aus: Das Ziel einer leistungsfähigen und vollständigen Ortsumgehung rückt näher", betont Carsten Kühl, Staatssekretär im Mainzer Verkehrsministerium. Auch werde die schwierige Verkehrssituation am Bahnübergang, dem Ortseingang von Kreuzberg, bald entschärft sein.

Seinen ausdrücklichen Dank richtete Kühl an den Bund, der die notwendigen Finanzen für das Straßenprojekt in Altenahr bereitgestellt habe. Das sei in Zeiten knapper Haushaltsmittel keine Selbstverständlichkeit. "Geld das in den Ausbau der Infrastruktur fließt, trägt zur Sicherung der Mobilität bei und ist gleichzeitig eine Investition in die Lebensqualität der Menschen und die Standortqualität der Wirtschaft", stellt Kühl fest.

"Der Lingenbergtunnel wird der sicherste Tunnel Deutschlands sein", kündigte Ministerialdirektor Wolfgang Hahn vom Bundesverkehrsministerium an. Die bei seinem Bau berücksichtigten Standards gingen weit über die der entsprechenden EU-Richtlinie hinaus. Und auch der Übigstunnel und der Ditschhardttunnel seien bereits in das 300 Millionen Euro schwere Tunnel-Nachrüstungsprogramm des Bundes aufgenommen worden.

Der Bau des Tunnels, bemerkte Hahn, sei wegen der anspruchsvollen Geologie des Ahrtals eine bautechnische Herausforderung. Doch alle Vorbereitungen seien abgeschlossen, so dass der Durchbruch durch den Berg endlich starten könne. Die Sprengung für den Anschlag löste am Donnerstag Praxedis Freifrau von Boeselager aus.

Die Tunnelpatin bekannte, zuvor in Sachen Tunnel "von Tuten und Blasen keine Ahnung" gehabt zu haben. Mit Staunen habe sie sich die Arbeit der Mineure erklären lassen. "Für die Bergleute ist die Patin die wichtigste Person", klärte Eberhard Anders, Leiter Untertagebau der Firma Schachtbau, auf. So trage die Röhre für die kommenden Monate auch den Namen "Praxedis-Tunnel".

Baronin von Boeselager wünschte den Mineuren mit einem kräftigen "Glück auf" störungs- und unfallfreie Arbeiten und überreichte ihnen eine Skulptur der Heiligen Barbara, ihrer Schutzpatronin. Die Tunnelweihe hatten zuvor die Pfarrer Axel Spiller und Friedemann Bach übernommen.

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