Nach 18 Jahren Siegburgs Selbstverwaltetes Jugendzentrum verabschiedete sich von der Heinrichstraße

SIEGBURG · Einige Kisten sind bereits gepackt, der Müll zusammengeräumt, und die letzten Spraydosen verschwinden auch noch. Denn nach der großen Abschiedsparty am Samstag ist hier endgültig Schluss: Wie berichtet, verlässt das Selbstverwaltete Jugendzentrum (SJZ) seine Räume unter der Turnhalle der Humperdinckschule an der Heinrichstraße.

 Ihre Räume zeigen die Jugendlichen vom Selbstverwalteten Jugendzentrum gerne, sie selbst wollen nicht aufs Foto.

Ihre Räume zeigen die Jugendlichen vom Selbstverwalteten Jugendzentrum gerne, sie selbst wollen nicht aufs Foto.

Foto: Monika Zierden

So lange war dieser Ort neben der ehemaligen Pestalozzi-Schule, dem heutigen Haus der Begegnung, Zuflucht für zahlreiche Jugendliche. Matze, Tobi und Jonas, die ihre Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchten, sind seit sechs Jahren Stammgäste. "Es gibt mehr als nur Partys - man lebt hier", sagt der 22-Jährige Matze.

Eigentlich kommt er aus Bonn, aber die kurze Strecke bis nach Siegburg nimmt er gerne auf sich. Damals haben ihn Freunde einfach mit zum SJZ genommen, und er hat einen "total sympathischen Haufen" kennengelernt. Inzwischen ist er rund zehn Stunden die Woche auf dem Gelände.

Verwaltet wird das Jugendzentrum vom "Förderverein Selbstverwaltetes Jugendzentrum", der für alle Jugendliche offen ist und ihnen viel anbietet. "Im Verein gibt es einen sehr respektvollen Umgang, alle sind gleichberechtigt", sagt Matze.

Auch für Tobi und Jonas ist der Verein eine Art Zuhause geworden. "Wenn man Lust hat, sich einzubringen, kann man hier ganz viel machen", sagt Jonas. Rund 30 Vereinsaktive organisieren neben Partys auch Workshops und Themenabende.

Unter dem Motto "Mach's Dir selbst" haben sie etwa gelernt, T-Shirts zu bedrucken oder Kräuter zu sammeln und zu bestimmen. Neben einem politischen Wochenende gab es Themenabende zu Polizeigewalt und Antifaschismus. Und es hat sich eine Theatergruppe gefunden.

Das SJZ bietet nach eigenen Angaben "Raum für unkommerzielle alternative Kultur". Einmal im Monat gibt es eine Vollversammlung, bei der sich die Jugendlichen austauschen und einbringen. Die Mehrheit entscheidet über das Programm. Neben wöchentlichen Thekenabenden gibt es Vorträge und Konzerte - und die Partys.

"Wir sind mittlerweile überregional bekannt", sagt Matze. Tobi hat heute Bekannte aus Berlin entdeckt. Ein Wagen mit niederländischen Kennzeichen ist vorgefahren. SJZ-Partys sind bekannt. Nahezu jeder bekannte DJ oder jede Punkrock-Band sei schon einmal hier gewesen, sagt Tobi. Aber auch Electro oder Hip-Hop sei in den vergangenen Jahren gefragt gewesen - je nachdem, welche Clique sich gerade im SJZ traf.

Statt Eintritt bitten sie um Spenden. Die decken nur die Gagen der Künstler und Getränke. Geld verdient der Verein nicht. Die Stadt verlangt vom SJZ keine Miete. Die Jugendlichen müssen allein ihre Müllentsorgung bezahlen.

Damit sie sich demnächst weiterhin treffen können, ziehen sie in der nächsten Woche, wie die Vereine aus dem Haus der Begegnung, in die Hauptschule Hauptfeld. Dort können sie sich auf rund 200 Quadratmetern neu einrichten. An der Heinrichstraße rollen Ende des Monats bekanntlich die Abrissbagger an und schaffen Platz für ein neues Seniorenzentrum.

Ein Neuanfang für das SJZ. Denn mit ihren Räumen an der Heinrichstraße verschwindet weit mehr als ein Treffpunkt - es sind auch Erinnerungen an bereits verstorbene Mitglieder, die sich malerisch auf den Wänden verewigt hatten.

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