Abtei-Flohmarkt in Siegburg Schon nach zehn Minuten war alles weg

SIEGBURG · Andenkenjäger aus ganz Nordrhein-Westfalen haben am Sonntagvormittag dem Abtei-Flohmarkt in Siegburg gestürmt und haben gleich kistenweise Kreuze mitgenommen.

Wie viel Zeit braucht es, bis 705 kleine und größere Gegenstände, vom Löffel bis zum Ölgemälde, neue Eigentümer finden? Frater Linus weiß es seit Sonntag: "Keine zehn Minuten." So lange in etwa dauerte der "Abtei-Flohmarkt" auf dem Michaelsberg am Sonntagvormittag. Frater Linus, der den Auftrag hat, die Abtei zu liquidieren, hatte die - vor allem Siegburger - Bevölkerung eingeladen, sich ein kleines Andenken an das Haus der Benediktiner, die schließlich Jahrhunderte Teil der Stadt waren, mitzunehmen. "Aber erlebt habe ich etwas ganz anderes", sagt er. "Sie haben sogar die Tischdecken herunter gerissen."

Schon lange vor elf Uhr war der 27-Jährige mehr oder weniger gezwungen gewesen, die Tore zur Abtei zu öffnen. Auf dem Zuweg zum Michaelsberg ging nämlich ab 10 Uhr nichts mehr. Autos quälten sich in Reihe den Berg hinauf. Die Kennzeichen verrieten, dass Andenkenjäger aus ganz Nordrhein-Westfalen nach Siegburg gereist waren, um sich ein Stück Abtei mit nach Hause zu nehmen. "Oder auf den nächsten Markt zu schleppen", wie Ruth Kühn, Vorsitzende des Kreiskatholikenrats, vermutet.

Wohl zu Recht, denn die Besucher, die den Flohmarkt im Erdgeschoss im Laufschritt erstürmten, nahmen wenig Rücksicht und schleppten unter anderem 300 Kruzifixe gleich kistenweise ab. Gemälde wurden von der Wand genommen, Schränke geöffnet. "Dabei war dort ganz einfaches Geschirr drin. Bis auf ein halbes Dutzend Tassen und ein paar Teller ist es weg", so der junge Frater. Um einzelne Ikonen und Bilder sei sogar laut gestritten worden.

"Schade, wir hätten uns die Abtei gerne angeguckt und vielleicht eine Kleinigkeit gegen eine Spende erworben", bedauerte Familie Ossendorf aus Bonn, die am späteren Vormittag - wie noch zig andere - auf den Michaelsberg kam und verschlossene Türen vorfand. "Es ist leider nichts mehr da", hatte Frater Linus auf ein Blatt Papier geschrieben, das er an der Pforte anbrachte. Ob er nach diesem Erlebnis den darauf angekündigten Bücherflohmarkt überhaupt durchführt, weiß er noch nicht.

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