Missbrauchsfälle am Rheinbacher Pallottiner-Internat

Auch am Rheinbacher Pallottiner-Internat hat es vor fast 50 Jahren mindestens drei Missbrauchsfälle gegeben. Das bestätigte der Provinz-Pressesprecher der Pallottiner, Nicolas Schnall, dem GA auf Anfrage.

Missbrauchsfälle am Rheinbacher Pallottiner-Internat
Foto: Wolfgang Henry

Rheinbach. Auch am Rheinbacher Pallottiner-Internat hat es vor fast 50 Jahren mindestens drei Missbrauchsfälle gegeben. Das bestätigte am Donnerstag der Provinz-Pressesprecher der Pallottiner, Nicolas Schnall, dem General-Anzeiger auf Anfrage.

Es seien drei Fälle aus den Jahren 1961/62 bekannt geworden. Die sexuellen Übergriffe habe ein Pater des früheren Internats "Konvikt Sankt Albert" an Jugendlichen begangen. Ein Schüler, der selbst nicht Opfer wurde, hatte von einer Tat gehört und sie damals bei der Konviktleitung gemeldet. Daraufhin sei der Pater suspendiert und psychologisch betreut worden. 1974 trat der Mann aus dem Orden aus. Den Opfern wurde damals nicht geholfen.

In der Nachbareinrichtung des heutigen Vinzenz-Pallotti-Kollegs in Rheinbach hatte auch der Kölner Rocksänger Wolfgang Niedecken zwischen 1961 bis 1970 seine Internatszeit verbracht. Schon vor Jahren hatte er in seiner Autobiografie Andeutungen gemacht. Dies blieb schon damals öffentlich unwidersprochen.

Erneut ins Bewusstsein drangen die Fälle jetzt vor zwei Jahren. "2008 hat sich eines der Opfer per E-Mail an uns gewandt", sagte Pressesprecher Schnall am Donnerstag. Daraufhin habe die Leitung der Pallottiner beschlossen, die mutmaßlichen Opfer ausfindig zu machen. Um die Missbrauchsfälle aufzuarbeiten wurde der damalige Vizeprovinzial Norbert Possmann eingesetzt.

Der nahm Kontakt zum Urheber der E-Mail auf und befragte zahlreiche ehemalige Schüler aus dieser Zeit. Auf diese Weise konnte er zwei weitere Namen von Opfern ermitteln, von denen er eines ausfindig machte und mit ihm Gespräche führte.

Das dritte Opfer erreichte er bis heute nicht. "Die Suche geht weiter, unter anderem würde ich gerne den Schüler treffen, der in den 60ern alles ins Rollen brachte, aber möglicherweise lebt er nicht mehr", so Possmann am Donnerstag. Der Täter sei allgemein "sehr hart" mit den Schülern umgegangen. Vom benachbarten Hermann-Josef-Kolleg, der Vorgängereinrichtung des späteren Vinzenz-Pallotti-Kollegs seien keine derartigen Missbrauchsfälle bekannt, so Schnall.

Wie eine vom Jesuiten-Orden beauftragte Rechtsanwältin mitteilte, gebe es inzwischen 115 Missbrauchsfälle, zu denen sich Betroffene aus katholischen Schulen gemeldet hätten. Die meisten betroffenen Schüler kommen von den drei Jesuiten-Kollegs, dem Berliner Canisius-Kolleg, dem Bonner Aloisiuskolleg und dem Kolleg Sankt Blasien im Schwarzwal.

Am Donnerstag nun berichteten Radiosender und Agenturen auch über die drei Fälle in Rheinbach. Dabei handelt es sich allerdings um die uns bereits bekannten Fälle", sagte Nicolas Schnall.

Konvikt Sankt Albert und Pallotti-Kolleg1946 übernahmen die Pallottiner vom Erzbistum Köln in Rheinbach das Konvikt Sankt Albert und begannen gleichzeitig mit dem Wiederaufbau des benachbarten Hermann-Josef-Kollegs, das sie 1935 erworben hatten.

Letzteres ist die eigentliche Vorgängerinstitution des späteren Vinzenz-Pallotti-Kollegs. Das konnte seinen neuen Namen erst annehmen, nachdem Vinzenz Pallotti 1963 Heilig gesprochen worden war.

Die Internatsbewohner des "Konvikt Sankt Albert" gingen größtenteils aufs Städtische Gymnasium und teilweise aufs Hermann-Josef-Kolleg. Das Internat des Vinzenz-Pallotti-Kollegs hat am 1. Juli 2009 seine Pforten geschlossen.

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