Leck in Leitung der Shell-Raffinerie Wesseling Kerosin ins Grundwasser gelangt

WESSELING · Fakt ist: Aus dem Ende Februar entdeckten Leck in der Leitung der Shell-Raffinerie Wesseling ist Kerosin ins Grundwasser gelangt. Laut Shell-Angaben sind insgesamt 846 Tonnen Flugbenzin ausgetreten.

Welche konkreten Auswirkungen das auf die Umwelt hat, dazu wollen sich weder das Unternehmen noch die Bezirksregierung Köln äußern. "Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation, an der ich mich nicht beteiligen möchte", sagte Oliver Moritz, Pressesprecher der Bezirksregierung Köln, am Donnerstag auf Anfrage.

Erst müsse das Ergebnis des Gutachters abgewartet werden. Der von Shell in Absprache mit der Bezirksregierung bestellte Experte sei unabhängig, auch wenn er von Shell bezahlt werde. Das sei ein übliches Prozedere, ähnlich wie bei der Bestellung eines unabhängigen Kfz-Gutachters, so Moritz.

Der Fachmann soll den entstandenen Schaden erfassen, die Ursache des Lecks klären und in einer sogenannten Konformitätsprüfung feststellen, ob die Anlage den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Zu den Aufgaben des Gutachters gehört auch, Maßnahmen zu definieren, die solche Unfälle in Zukunft verhindern sollen. Moritz: "Diese Punkte wurden von uns vorgegeben." 500 Kubikmeter der mit Kerosin belasteten Erde habe der Konzern schon abgetragen, teilte Shell-Sprecher Constantin von Hoensbroech am Donnerstag auf Anfrage mit.

Das entspricht, abhängig von der Dichte der Erde, rund 1000 Lkw-Ladungen à 2,7 Tonnen Erde. Das Leck befindet sich auf einem der Öffentlichkeit zugänglichen Gebiet neben der Waldstraße in Wesseling, das Shell gehört. Benzingeruch ist an der dort ausgehobenen Grube deutlich zu vernehmen, offenes Feuer in der Nähe ist verboten.

Auf das Trinkwasser habe die "Undichtigkeit" keine Auswirkungen, betont von Hoensbroech. "Weder ein Trinkwasser- noch ein Wasserschutzgebiet sind betroffen." Das Grundwasser fließt in Richtung Rhein. Wie weit das Kerosin in den drei Monaten seit dem Auftreten des Lecks vorgedrungen sei, könne man noch nicht sagen. "Das Kerosin bewegt sich langsam, ist nicht wasserlöslich und liegt auf dem Wasser", betonte der Shell-Sprecher.

Shell sei dabei, weitere Messstationen einzurichten, um zu klären, wie weit das Kerosin gekommen sei. Weder Shell noch die Bezirksregierung Köln gehen davon aus, dass Kerosin in den Rhein gelangt ist. Das würde auch innerhalb von einigen Stunden auffallen, erklärte Peter Schütz, Pressesprecher des NRW-Landesumweltamts: "Wir können in drei Messintervallen, in Königswinter, Düsseldorf und Emmerich, Rückstände eines Treibmittels messen." Bei außergewöhnlich hohen Konzentrationen schlage die Kontrollstelle Alarm, was bisher nicht passiert sei.

Zum konkreten Fall wollte sich Schütz, ohne die genauen Bedingungen zu kennen, nicht äußern. Allgemein könne man über Kerosin sagen, dass es wie jeder fossile Brennstoff ein "Leichenprodukt" sei, weil es aus verwesender organischer Masse entstehe. "In der Umwelt verteilt, bringt das Produkt totes Material in die Biosphäre. Das heißt, der Boden ist für alle Organismen an dieser Stelle besiedlungsfeindlich geworden. Sie werden krank oder sterben."

Da erst noch untersucht werden muss, wie die Bedingungen in Wesseling sind, etwa, wie sich das Kerosin ausgebreitet hat und wie die Bodenbeschaffenheit ist, könne man von den allgemeinen Aussagen über Kerosin keinesfalls auf den konkreten Fall bei Shell schließen.

So wäre es durchaus möglich, dass der Oberboden, in dem sich die meisten Organismen aufhalten, bei der 2,5 Meter tief in der Erde liegenden Leitung gar nicht betroffen ist. Aber auch hierzu gibt es derzeit noch keine näheren Erkenntnisse.

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