Kein Deal im Prozess um Siegburger Foltermord

Vor fünf Jahren sorgte der Foltermord im Siegburger Gefängnis bundesweit für Entsetzen, stellte den Jugendstrafvollzug auf den Prüfstand und brachte Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter in Bedrängnis. Nun sorgt der Fall erneut für Schlagzeilen - und für Empörung bei der Justiz.

Siegburg/Bonn. Vor fünf Jahren sorgte der Foltermord im Siegburger Gefängnis bundesweit für Entsetzen, stellte den Jugendstrafvollzug auf den Prüfstand und brachte Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) in Bedrängnis. Nun sorgt der Fall erneut für Schlagzeilen - und für Empörung bei der Justiz.

Schuld daran ist die in der Bild am Sonntag veröffentlichte angebliche Behauptung des Bonner Anwalts Uwe Krechel, wegen einer womöglich politisch motivierten Absprache mit der Staatsanwaltschaft seien die Strafen damals milder ausgefallen. Der Deal sei gewesen: Wenn sein Mandant gestehe und die Haftbedingungen nicht anprangere, komme er günstiger weg.

Oberstaatsanwalt Robin Faßbender, der die Ermittlungen leitete und den Fall vor Gericht vertrat, ist fassungslos über diese Geschichte und erklärt nur: Jeder, der den Prozess damals verfolgt habe, wisse, dass nichts davon stimme. Und Uwe Krechel selbst sprach am Montag gegenüber dem GA von einem "Missverständnis".

Bereits am Montagmorgen wurde der Anwalt bei der Staatsanwaltschaft vorstellig und entschuldigte sich für den Inhalt der Veröffentlichung, wie die Behörde mitteilte. Gegenüber dem GA versicherte Krechel, er müsse falsch verstanden worden sein, als er der Bild erklärt habe, sein Mandant sei, wie üblich im Strafverfahren, darauf hingewiesen worden, dass im Fall eines Geständnisses die Strafe gemildert werden könne.

Tatsächlich hatte gerade Oberstaatsanwalt Faßbender mit Engagement für höchstmögliche Strafen für die drei Täter gekämpft, in zwei Instanzen für den als Haupttäter geltenden Pascal I. lebenslange Haft gefordert und schließlich erreicht, dass der 19-Jährige 15 Jahre und die vorbehaltene Sicherungsverwahrung erhielt.

"Nun kommt er erst raus, wenn er nicht mehr als gefährlich gilt, und die Öffentlichkeit wird vor ihm geschützt", so Faßbender. Für Krechels damals 20-jährigen Mandanten, der im Sog der beiden anderen mitgemacht hatte, stand die Höchststrafe nie zur Debatte.

Die Haftbedingungen, über die Faßbender übrigens in einem Untersuchungsausschuss des Landtags nach der Tat stundenlang berichtet hatte, waren im Prozess auch nicht ausgeklammert worden. Sie waren so ausführlich zur Sprache gekommen, dass für das Gericht im Urteil feststand: Sie haben die Tat gefördert. Im Übrigen, so merkte am Montag ein Insider an, seien wir nicht in Amerika. Hier gelte eine Absprache nur etwas, wenn das Gericht sie anbiete und öffentlich mache.

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