Kaninchen sorgen für Kahlschlag

BORNHEIM · Die gefräßigen Tiere machen den Bornheimer Landwirten zu schaffen, die von einer Plage sprechen. Winterroggen, Winterweizen oder Winterraps - alle Pflanzensamen sind betroffen. Die Ursachen für die hohe Kaninchen-Population sind vielfältig.

"Guck mal, wie süß!" - nicht nur Kinder freuen sich, wenn sie Wildkaninchen am Ackerrand hoppeln sehen. Doch die Tiere sind für zwei Bornheimer Landwirte zur Plage geworden. "Sie fressen uns alles kahl", sagt Reinhold Decker aus Hersel. Im Sommer sei das Problem weniger sichtbar, da die Kaninchen andere Futterquellen finden, "aber was wir im Herbst einsäen, ist für sie ein gefundenes Fressen. mussten schon Felder wieder umbrechen und haben Sommergerste eingesät, weil von der Wintergerste nichts übrig war. Für uns heißt das: Wir ernten bei gleichen Kosten nur die Hälfte."

Ob Winterroggen, Winterweizen oder Winterraps: "Ein Teil der Pflanzen geht ein, und was übrig bleibt, kann sich nicht so entwickeln, wie es sollte." Der Herseler Landwirt hat sich mit seinem Kollegen und weitläufigen Verwandten Peter-Werner Decker aus Uedorf zusammengetan, um gegen die hohen Kaninchen-Populationen vorzugehen. Unterstützung erhalten sie vom Rheinischen Landwirtschafts-Verband, der über das Problem auch in seiner Fachzeitung LZ berichtet.

Eine Hauptursache sieht Reinhold Decker in den Brachflächen der Gegend: ehemalige Kiesgruben, Böschungen und nicht zuletzt die Ausgleichsflächen des Wasserwerks Urfeld. Was des Naturschützers Herz höher schlagen lässt, ist für die Bauern ein Problem: "Das ist alles dicht bewachsen. Für die Kaninchen sind das ideale Unterschlupfmöglichkeiten, und die Jäger haben wenig Chancen."

Hohe Freizeitnutzung macht Jagen schwierig

Eine weitere Ursache ist laut Michael Witsch, Geschäftsführer der Kreisjägerschaft Bonn/Rhein-Sieg, die hohe Freizeitnutzung: "Da ist ein Reiterhof, da führen Radwege durch, da werden Wege zur Abkürzung genutzt. Die Folge ist, dass die scheuen Tiere erst in der Dämmerung herauskommen." So seien sie schwierig zu bejagen.

Zweierlei wünschen sich die Landwirte daher von den Jagdbehörden: eine temporäre Aufhebung der Schonzeit und die Erlaubnis für die Jäger, mit Taschenlampen auf Jagd zu gehen. Jagd bei Kunstlicht ist aus Naturschutzgründen verboten, laut Witsch sind Ausnahmen aber gesetzlich möglich. Ob sie genehmigt werden, ist auch nach mehreren Verhandlungsrunden noch offen. "In der ersten Januarwoche ist ein Ortstermin geplant, an dem Jäger, die Obere und die Untere Jagdbehörde und auch die Landwirte teilnehmen", sagt Dirk Kassel, Sprecher des Rhein-Sieg-Kreises.

Die Obere Jagdbehörde ist für ganz NRW zuständig und hat die Fachaufsicht über die Untere beim Kreis. Verluste durch Wildschaden tragen die Jagdpächter. Um Ansprüche durchzusetzen, müssen die Bornheimer Landwirte Anträge über das Ordnungsamt der Stadt stellen, "das ist ein ziemlich aufwendiges Verfahren", sagt Reinhold Becker. Da den Landwirten an einem guten Verhältnis zu ihren Jagdpächtern gelegen sei, werde dieser Weg auch nicht gern eingeschlagen.

Die Stadt Bornheim sieht sich in einer Moderatorenrolle, erklärt Bürgermeister Wolfgang Henseler. In Gesprächen, unter anderem mit dem Wasserwerk, sei erreicht worden, dass an den Brachflächen Schneisen für die Jagd geschlagen wurden, was jedoch nach Ansicht der Landwirte nicht reicht.

"Es muss etwas geschehen"

Heribert Füssenich ist einer der betroffenen Jagdpächter, der im vergangenen Jahr erstmals Ausgleich zahlen musste. "Die Kaninchen sind wirklich zur Plage geworden, es muss etwas geschehen", sagt er. Ein großflächiger Ausbruch der Kaninchenkrankheit Myxomatose, der die Populationen auf natürliche Weise verringert, sei schon seit Jahren nicht mehr zu beobachten.

"Die Tiere werden zunehmend resistent." Feinde wie der Fuchs erbeuteten zwar zahlreiche Kaninchen, aber offenbar nicht genug, um die Vermehrung auszugleichen. Füssenich hat schon zweimal beantragt, mit Licht jagen zu dürfen, bisher ohne Erfolg.

Kritik an den Behörden übt Wolfgang Fritz, Jäger im Revier Widdig: Die Zuständigkeit werde hin- und hergeschoben, und in der Zwischenzeit nähmen die Schäden zu. In Rheinland-Pfalz - "30 Kilometer von hier" - sei Jagen mit Licht erlaubt. Es werde soweit kommen, dass die Landwirte keine Jagdpächter mehr finden könnten. Derzeit wird auf Initiative von Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) ein neues Jagdgesetz erarbeitet.

Fritz rechnet mit einer Verschärfung der Bestimmungen: Mit der grünen Regierung wehe ein neuer Wind - "den Jägern ins Gesicht".

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