Infoabend zum Bahnlärm Hoffnung auf die leise LL-Sohle in Königswinter

KÖNIGSWINTER · "Wir werden langfristig eine Chance auf mehr Ruhe haben", sagt einer, der es wissen muss: Gerd LeDosquet ist Mitarbeiter der Deutschen Bahn Netz AG und zuständig für lärmmindernde Technologien. Durch Schienenstegdämpfer auf den Gleisen und Güterwaggons, die mit der leisen K-Sohle ausgestattet sind, "könnte sich der Bahnlärm schlagartig um die Hälfte reduzieren".

 So sieht sie aus, die Flüsterbremse oder auch "LL-Sohle". Das System ist auf diesem Bild mit den Buchstaben RV gekennzeichnet. Es soll den Lärm im Schienengüterverkehr halbieren.

So sieht sie aus, die Flüsterbremse oder auch "LL-Sohle". Das System ist auf diesem Bild mit den Buchstaben RV gekennzeichnet. Es soll den Lärm im Schienengüterverkehr halbieren.

Foto: dpa

Und wieso geschieht dann nichts, dürften sich viele lärmgeplagte Bürger nun wohl fragen. Erklärungen dazu gab es am Donnerstagabend bei einer Informationsveranstaltung im Alten Kelterhaus, zu der die SPD Rhein-Sieg gemeinsam mit dem Ortsverein Königswinter eingeladen hatte. Ihre Sicht der Dinge vertraten dabei auch der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber sowie Gerd Kirchhoff von der neu gegründeten Initiative BIN gegen Bahnlärm.

Es muss etwas gegen Lärm getan werden, darin waren sich alle Seiten einig. Ebenso darin, das Übel am Besten direkt an der Wurzel oder besser gesagt an den Rädern zu packen: "Durch die bisherigen Bremssysteme werden Reifen mit der Zeit unrund, was wiederum Lärm verursacht", erläuterte Kelber, der das Thema Lärm für das am meisten unterschätze Umwelt- und Gesundheitsproblem in Deutschland hält.

Wie so oft ist die erforderliche Technik zwar schon vorhanden, doch hakt die Umsetzung vor allem am Geld: Während neue Waggons bereits beim Bau mit der modernen Technik ausgestattet werden, ist die Umrüstung der riesigen Flotte alter Güterwagen teuer. Rund 180.000 umzurüstende Waggons besitzt allein die Deutsche Bahn, so LeDosquet. Von den 36 000 Zügen, die bundesweit täglich über die Gleise rattern, gehören jedoch viele einer der anderen 330 Firmen, die das Schienennetz nutzen.

Die Hoffnung liegt daher in der kostengünstigeren "LL-Sohle", die sich noch im Genehmigungsverfahren befindet. "Seit fünf Jahren rollt der Testzug bereits durch Europa. Warum dauert es so lange, bis die LL-Sohle endlich zugelassen wird", ärgert sich Kirchhoff. Nach Auskunft von LeDosquet könnte das jedoch schon bald der Fall sein, denn die "LL-Sohle" befindet sich im letzten Prüfungsabschnitt.

Umrüstung kostet maximal 2000 Euro pro Waggon

SPD-Mann Kelber ist überzeugt: "Wenn die Genehmigung in Deutschland und den wichtigsten EU-Ländern vorliegt, könnte binnen acht Jahren der gesamte Güterwaggon-Fuhrpark umgerüstet sein." Die Umrüstung der Güterwagen auf die "LL-Sohle" kostet maximal 2000 Euro pro Waggon, das sind bei 500.000 Güterwaggons in ganz Europa rund eine Milliarde Euro.

"Über acht Jahre gerechnet sind das für ganz Europa 125 Millionen Euro im Jahr", so Kelber. "Es ist lächerlich, dass dieses Programm nicht endlich in Angriff genommen wird." Lärmabhängige Trassenpreise, die zum Ende des Jahres eingeführt werden sollen, sowie die Ertüchtigung neuer Strecken sollen dazu beitragen, dass die Menschen künftig wieder ruhiger schlafen können.

Doch nach Ansicht von Bahnlärmgegner Kirchhoff steht das dicke Ende noch bevor: Er rechnet mit 70 Prozent mehr Güterzügen, wenn 2017 der neue Gotthard-Basis-Tunnel eröffnet wird. "Wir sind für die Verlagerung von Gütern auf die Schiene, aber das kann nicht alles bei uns durchs Rheintal gehen." Kelber und LeDosquet halten maximal 30 Prozent Zuwachs für realistisch. Doch auch das würde für die Anwohner wohl ein unerträgliches Mehr an Lärm bedeuten.

Kirchhoff bemängelt außerdem, dass es bei Bestandsstrecken immer noch keinen Rechtsanspruch auf Lärmschutz gibt. "Was die Bahn macht, sind freiwillige Maßnahmen." Und in der Prioritätenliste für die Lärmsanierung "kommt Königswinter gar nicht mehr vor". Wie Kelber mitteilte, wurden in Dollendorf und Königswinter aber bereits in den letzten Jahren für 2,7 Millionen Euro 2350 Meter Lärmschutzwände installiert, zusätzlich erhielten 410 Wohnungen Zuschüsse für Lärmschutzfenster.

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