Europa beginnt vor der eigenen Haustür

Brigitte Böker versucht als Beauftragte des Kreises, der Union ein Gesicht zu geben

Europa beginnt vor der eigenen Haustür
Foto: Antje Hesse

Rhein-Sieg-Kreis. Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zusammensetzen und gemeinsam beraten, wie sie ihre Länder aus der Finanzkrise retten können, dann sind das große Schritte, die sich auf höchster Ebene, fernab vom Alltag in der eigenen Heimatstadt abspielen.

Tatsächlich beginnt europäisches Handeln jedoch häufig im Kleinen, sozusagen vor der Haustür. So hat der Rhein-Sieg-Kreis nicht nur seine eigene Europabeauftragte, sondern im Kreis kamen auch Delegierte aus sechs Ländern zum Jahrestreffen des Europäischen Partner-Netzwerkes Eurofuturoscope zusammen, um sich über kommunale Themen auszutauschen.

"Europa ist nicht nur Finanzkrise und Bürokratieabbau", sagt die Europabeauftragte des Rhein-Sieg-Kreises, Brigitte Böker. "Europa ist eine Wertegemeinschaft, und wir sind mitten drin."

Wenn etwa die Stadt Hennef zur Europawoche lade, Bürger aus dem Kreis mit Menschen aus den Partnerstädten zusammenträfen, Schüler beispielsweise in Sankt Augustin, Eitorf oder Bornheim eine Europaschule besuchen könnten oder beim Kreiswettbewerb "Europäischer Marktplatz der Ideen" ihrer Kreativität freien Lauf ließen, dann sei Europa für die Bürger zu spüren.

Europa auf diese Weise im Rhein-Sieg-Kreis ein Gesicht zu geben, ist eine der Aufgaben der Europabeauftragten. "Brüssel ist das Dach, wir müssen das Fundament legen", sagt Böker, die das Amt seit 2005 neben ihrer Tätigkeit als Leiterin für das Büro des Landrats ausübt.

Gleich mehrere europäische Nationen waren beim Eurofuturoscope-Treffen vom 8. bis 10. Oktober in der Region vertreten. Ausrichter der Netzwerk-Zusammenkunft war der Verein Region Köln/Bonn, dem auch der Rhein-Sieg-Kreis angehört. In Bad Honnef stiegen die Teilnehmer, etwa aus Ungarn, Irland und Italien, ab, um über regionale Umweltpolitik und nachhaltige Entwicklung sowie entsprechende EU-Fördermöglichkeiten zu debattieren.

Exkursionen führten die Netzwerkpartner auch zur Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft und zur Wahnbachtalsperre. "Es geht darum, Erfahrungen auszutauschen, gute Beispiele vorzustellen - und zwar nicht nur unter Politikern, sondern auch unter Fachleuten, die damit in der direkten Arbeit befasst sind.", erklärt Brigitte Böker, die mit ihrem Team an der Vorbereitung des Treffens beteiligt war. Auch eigne sich die Zusammenkunft, um Partner für europäische Projekte zu gewinnen, etwa für Jugendaustausch, für den dann gemeinsam Fördermittel beantragt werden könnten.

EU-Fördermittel fließen auch in den Kreis: So wird laut Böker etwa der geplante Natursteig Sieg, der auf einer Strecke von rund 140 Kilometern von Windeck bis Siegburg Natur erlebbar macht, mit etwa 1,78 Millionen Euro gefördert. Die Mittel stammen aus dem Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Um solche Fördermittel zu erhalten, muss der Kreis sich erfolgreich an Aufrufen des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligen. Ebenfalls erfolgreich bei einer solchen Bewerbung waren zum Beispiel die Wirtschaftsförderer des Kreises und der Stadt Bonn, die für ihr Beratungsprogramm für Existenzgründerinnen "ICE - Intelligenz, Charisma, Elan" rund 113 000 Euro EU-Gelder bis 2010 bekommen.

Die Europabeauftragte bezeichnet sich selbst als "Transmitter". Zentrale Aufgabe, um diese Schnittstelle zwischen Dezernaten, Ämtern, Verbänden, EU-Organisationen und Bürgern zu bilden, sei die Aufbereitung und Wiedergabe von wichtigen EU-Informationen. Wenn etwa ein neuer Bewerbungsaufruf für Fördermittel eingeht, es Neuigkeiten zur EU-Verfassung oder zur Umsetzung der neuen Dienstleistungsrichtlinie gibt. Der Europabeauftragten zur Seite stand von Anfang an der Arbeitskreis Europa, in dem Abgeordnete der vier Kreis-tagsfraktionen sitzen.

Eine ihrer Leitlinien: Die europäische Einigung durch Information der Bürger im Rhein-Sieg-Kreis zu fördern. Aber: "Europa ist keine Einbahnstraße", stellt Brigitte Böker klar, dass das Engagement auch von den Bürgern selbst kommen muss: "Freundschaftsbänder in andere Länder knüpfen, sich für Europa öffnen, Vorurteile und Ängste abbauen und als Jugendlicher Chancen für Praktika und Studienaustausch nutzen", helfen in den Augen der Europabeauftragten, sich nicht nur als Swisttaler, Sankt Augustiner oder Rhein-Sieg-Kreis-Bürger zu fühlen, sondern auch als Europäer.

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