Dirk Thomas: "Wir werden leider vergessen"

Die Veränderung der Schullandschaft wirkt sich auch auf das Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises in Duisdorf aus. Der Leiter des Kollegs spricht über Chancen und Risiken.

 Dirk Thomas (47) ist seit dem 1. April 2010 Leiter des Berufskollegs des Rhein-Sieg-Kreises in Duisdorf. Zuvor war er stellvertretender Leiter des Berufskollegs in Frechen. Der Oberstudiendirektor (verheiratet, ein Sohn) lebt in Duisdorf.

Dirk Thomas (47) ist seit dem 1. April 2010 Leiter des Berufskollegs des Rhein-Sieg-Kreises in Duisdorf. Zuvor war er stellvertretender Leiter des Berufskollegs in Frechen. Der Oberstudiendirektor (verheiratet, ein Sohn) lebt in Duisdorf.

Foto: pd

Bislang baute es auf ein gewachsenes Beziehungsgeflecht mit Haupt- und Realschulen, wenn es darum ging, Schüler nach der zehnten Klasse zu übernehmen. Doch das klassische dreigliedrige Schulsystem schwindet im linksrheinischen Kreisgebiet. Zum Schuljahr 2012/13 sollen in Alfter und Rheinbach Gesamtschulen starten, in Bornheim eine Sekundarschule. Dirk Thomas, Leiter des Berufskollegs, sieht darin Chancen und Risiken.

Die Schullandschaft ist im Wandel. Im linksrheinischen Kreis sollen drei neue Schulen gegründet werden. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Dirk Thomas: Einerseits gelassen, weil wir unsere Stärken haben. Andererseits mit Sorge, weil bei den Diskussionen über die Schulstruktur das hervorragende Angebot der Berufskollegs nicht ausreichend wahrgenommen wird. Unsere Bildungsgänge, die für viele junge Menschen eine Alternative sein könnten, geraten manchmal leider in Vergessenheit.

Wie kommt das?
Thomas: Viele haben uns nicht auf der Rechnung. Das hängt sicherlich mit dem geringen Bekanntheitsgrad unserer Angebote zusammen, die sehr umfassend und komplex sind. Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, durch Informationsveranstaltungen oder Tage der offenen Tür. Aber wir stehen in einem guten Kontakt zu unseren Zubringerschulen. Das sind im Wesentlichen die Haupt- und Realschulen, von denen wir die meisten Schüler bekommen. Wir werden diese Beziehungen weiter intensivieren.

Was heißt das konkret?
Thomas: Wir planen Kooperationsverträge. Den ersten wollen wir mit der Hauptschule in Bornheim-Merten schließen. Auch wenn dort im Sommer die Sekundarschule kommt, bleibt die Hauptschule ja noch für die nächsten Jahre bestehen. Sie läuft aus, während die Sekundarschule wächst. Wir wollen mit den Mertenern etwa bei der Berufsorientierung zusammenarbeiten. So können Schüler bei unserer Ausbildungsplatzbörse teilnehmen oder in unserem Unterricht hospitieren. Außerdem verfügen wir über Kontakte zu Betrieben, von denen auch die Hauptschule als unser Kooperationspartner profitieren kann.

Und wenn es die Hauptschule in Merten nicht mehr gibt?
Thomas: Dann werden wir die Kooperation natürlich auch mit der Sekundarschule fortsetzen. Wir sind überhaupt der geborene Partner für Sekundarschulen, weil wir den Schülern nach Jahrgang 10 den Übergang in die Oberstufe ermöglichen. Bei uns können sie das Abitur oder einen Fachhochschulabschluss machen, zusätzlich bieten wir die berufliche Bildung an. Für Merten haben wir auch diese Oberstufen-Kooperation in Aussicht gestellt.

Nun sollen Haupt- und Realschulen auch durch Gesamtschulen ersetzt werden, die eine eigene Oberstufe haben - siehe Alfter und Rheinbach. Würden Sie auch mit denen kooperieren?
Thomas: Das werden wir anbieten. Gerade neue Gesamtschulen werden aber auch darauf bedacht sein, Schüler zu halten. Sie werden ihnen nicht gleich über Kooperationen den Weg für einen Schulwechsel ebnen.

Aber nicht jeder Gesamtschüler wird das Abitur machen.
Thomas: Sicher, es werden immer wieder Schülerinnen und Schüler nach der Klasse 10 abgehen und auf den Markt stoßen. Die nehmen wir zwar auf. Aber es ist nicht unser Anspruch, einfach nur Gesamtschüler aufzufangen. Wir wollen früher an die Schüler heran. Das ist bei Haupt- oder Realschulen - oder künftig Sekundarschulen - generell leichter. Dort machen sich die Schüler naturgemäß früher Gedanken über ihre berufliche Zukunft als an einer Gesamtschule oder im Gymnasium. Die Berufsorientierung setzt in der Regel früher ein, das Thema ist ab der achten Klasse präsent. Genau da wollen wir die Schüler abholen. Außerdem sind die Lehrpläne an Gesamtschulen mehr an Gymnasien orientiert und stärker auf allgemeine Bildung ausgelegt.

Gesamtschulen möchten aber doch auch die eher praktisch begabten Schüler fördern, oder?
Thomas: Die Gesamtschule deckt das gesamte Spektrum zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung nicht in dem Maße ab, wie es bei uns der Fall ist. Schüler können sich bei uns einen Bildungsweg aussuchen, der ihnen am besten liegt, das heißt ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechend schulische Ziele anstreben, die etwa vom mittleren Schulabschluss bis zur Allgemeinen Hochschulreife reichen. Zudem werden in allen Fällen berufliche Kenntnisse erworben. Darin sehe ich einen Angebotsvorteil. [Das Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises in Duisdorf]

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