Die "schlechteste Saison seit 16 Jahren"
Unfreundlicher Sommer vermiest nicht nur den Biergärten das Geschäft - Weniger Besucher auch in Eisdielen und Freibädern
Bonn. Wo bleibt der Sommer? Diese Frage stellen sich enttäuschte Biergarten-Betreiber in Bonn und der Region. Das wechselhafte Wetter hat vielen von ihnen bis zu 30 Prozent weniger Besucher als im Vorjahr beschert. Minuszahlen melden auch die Freibäder. Nur die Eismänner sind ganz zufrieden. Trotz des Rückgangs im Sommer.
Von der "schlechtesten Saison seit 16 Jahren" spricht Jürgen Sieger, Inhaber des Parkrestaurants Rheinaue. "Dieser Sommer wird bestimmt nicht als Jahrhundertsommer in die Geschichte eingehen", frotzelt er.
Neben dem Wetter hätten auch die Diskussion um den "Teuro" und die schlechte Konjunktur eine Rolle gespielt. In Grenzen hält sich der Einbruch der Gästezahlen in der Endenicher Harmonie. "Wir öffnen immer erst abends, deshalb ist der Verlust nicht ganz so groß", berichtet Geschäftsführer Bert Jackwerth. "Wenn das Wetter jetzt noch einmal besser wird, ist das nur ein Trostpflaster, denn die letzten vier Wochen können die Biergartensaison auch nicht mehr retten."
"Eigentlich ist der August unser Super-Monat, bisher ist er bis auf einzelne Tage eine Katastrophe", schimpfen Wolfgang und Karin Kaspar vom Schänzchen. Die Saison sei aber bei ihnen "nicht ganz so dramatisch" verlaufen. Auf den Herbst zu hoffen, mache keinen Sinn. "Dann wird es früher kühl und dunkel. Das ist für einen Biergartenbesuch nach Feierabend nicht einladend", so Wolfgang Kaspar.
Im Biergarten Rheinlust hat man den Glauben an Wettervorhersagen verloren und schaut lieber selbst zum Himmel. Die Unbeständigkeit des Wetters erschwere es, das Personal einzuplanen und Regenschirme zur richtigen Zeit aufzubauen, klagt Mitarbeiterin Anja Krumbieger.
Hoffnungen macht sie sich nicht: "Wenn die Leute mit leeren Portmonees aus dem Urlaub kommen, läuft kaum mehr was." Das sieht Wilfried Schaaf, Pächter im Bahnhof Kottenforst, anders: "Die Urlauber sind anschließend voller Lebensfreude und motiviert, draußen etwas zu unternehmen, gerade wenn sie vorher im Süden Sonne getankt haben." Sein Biergarten sei sehr von Ausflüglern abhängig, die per Rad oder zu Fuß unterwegs sind. "Wenn das Wetter am Morgen schlecht ist, werden die Leute nicht herausgelockt, auch wenn später die Sonne scheint."
Dieses Problem hat auch Alexander Adscheid vom Biergarten Zur Siegfähre in Bergheim. Er hat eigens "sechs große Schirme" bestellt.
Überraschend gelassen bewertet Sia Tabatabai vom Alten Zoll die Situation: "Wir machen zwar momentan weniger Umsatz als letztes Jahr, aber das Frühjahr war ganz gut." Alle Sitzbänke stehen im Freien, die große Platane in der Mitte schütze wie ein Schirm.
Wegen Dauerregens und Kälte musste trotzdem häufiger als 2001 zeitweise geschlossen werden. Stark aufs Wetter angewiesen sind auch die Freunde des Minigolfs. Gerd Häußler, Inhaber der Anlage an der Rheinaue, beklagt einen Besucherrückgang wegen der "vielen Wassertage". Wenn ein Schauer kommt, können seine Kunden unter zwei großen Zelten Zuflucht suchen.
"So lala", läuft es derzeit im Poppelsdorfer Eiscafé von Aurelio und Barbara Lazzarin. Seit Juli spüren sie einen leichten Nachfragerückgang. Das Geschäft sei zwar "etwas ruhiger" - schon deshalb, weil viele in Urlaub gefahren seien. "Wir sind aber trotzdem noch zufrieden", sagte Barbara Lazzarin. Rosario Granatella vom Eiscafé in der Innenstadt spricht von einem "verrückten" Jahr: "Der Sommer ist ins Wasser gefallen, aber von Februar bis Mai war es ziemlich warm und es lief ungewöhnlich gut."
Eine negative Zwischenbilanz zieht auch Detlef Griesbach vom Bäderamt: In fünf von sechs Bonner Freibädern wurden bis Montag rund 174 000 Besucher gezählt - im Vorjahr waren es etwa 107 000 mehr. "Angesichts dieser schlechten Saison sind Zweifel angebracht, ob die Verkürzung der Betriebszeit ausreichend war", orakelt Griesbach.
Zwar würden die Personalkosten, die rund 60 Prozent ausmachen, reduziert, aber keines der städtischen Bäder sei kostendeckend. Über eventuelle Maßnahmen - schon in diesem Jahr wurde über Schließungen diskutiert - könne erst gesprochen werden, wenn endgültige Zahlen vorliegen, so Griesbach.
Eine Sonderrolle spielt das Hardtbergbad, weil es auch über ein Hallenbecken verfügt, das allerdings nicht geöffnet ist.