Interview mit Landrat Frithjof Kühn "Die Südtangente ist eine Alternative"

Interview mit Landrat Frithjof Kühn zu Verkehr, Finanzen, Regionale 2010 und Bonn/Berlin. Die Südtangente ist für Landrat Frithjof Kühn immer noch eine Option, die regionalen Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen.

Herr Kühn, in den kommenden Jahren stehen in Bonn diverse Projekte im Straßenbau an, wie die Sanierung der Nordbrücke. Was bedeutet das für den Kreis?
Frithjof Kühn: Die Nordbrücke ist das Nadelöhr des regionalen und überregionalen Verkehrsnetzes. Im Falle einer Sanierung werden sich erhebliche Verkehrsprobleme für alle ergeben, die diese Verbindung zur Querung des Rheins benötigen. Entsprechendes gilt für den "Tausendfüßler", der im Zuge der A565 und der Reuterstraße zudem ein Teilstück der Westumgehung der Bonner Innenstadt in Richtung Regierungsviertel darstellt.

Alternativ zur Nordbrücke stehen nur die Kennedybrücke und die Konrad-Adenauer-Brücke zur Verfügung, allerdings ohne eine vergleichbare Anbindung an das regionale Straßennetz.

Die Verkehrsprobleme dürften sich daher auf das gesamte Bonner Stadtgebiet erstrecken. Leidtragende werden nicht nur Bonner sein, sondern auch alle auf Mobilität angewiesenen Menschen in der ganzen Region, da der Rhein nicht nur Bonn, sondern auch den Kreis teilt.

Ist die Südtangente angesichts leerer öffentlicher Kassen überhaupt noch eine Alternative?
Kühn: Eine verantwortliche Politik sollte nicht nur auf kurzfristige Realisierungschancen achten, sondern auch langfristige Perspektiven im Auge behalten. Angesichts der Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaft und des Verkehrs sollten jetzt bei der Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans geeignete Lösungen für die Zukunft geplant werden.

Die Südtangente war vor 30 Jahren als zweite regionale Verbindung über den Rhein geplant. Sie war zur Entlastung des Siebengebirgsraumes und des Bonner Stadtgebietes geplant und hatte eine sehr günstige Kosten/Nutzen-Relation. Sie ist 2003 aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen worden, auf Betreiben der damaligen rot-grünen Landesregierung. Insofern muss ich Herrn Minister Groschek widersprechen. Die Region hat keine Zeit verplempert, sondern wurde vor vollendete Tatsachen gestellt.

Die Südtangente würde aus meiner Sicht weiterhin eine geeignete Alternative darstellen. Für die Lösung der akuten Verkehrsprobleme käme sie zu spät.

Siegburg ist seit zehn Jahren ICE-Halt. Was hat der ICE-Bahnhof der Region gebracht?
Kühn: Der ICE-Bahnhof ist für die Region ein großer Gewinn. Durch seine gute Anbindung an das lokale Schienennetz stellt er für Geschäftsreisende und Privatleute eine wichtige Verbindung zu Zielen in Deutschland und Europa dar. Die damaligen skeptischen Erwartungen von Bund, Land und Deutscher Bahn haben sich nicht bewahrheitet. Stattdessen ist der Optimismus der Region durch die Zahl der Reisenden weit übertroffen worden. Inzwischen halten am ICE-Bahnhof Siegburg/Bonn wesentlich mehr Züge als ursprünglich eingeplant.

Die damalige Entscheidung, den Widerstand gegen die Flughafenanbindung an den ICE aufzugeben und stattdessen das Angebot eines Haltepunktes in Siegburg anzunehmen - das waren seinerzeit die Dezernenten Professor Franz und Kühn - hat sich in jeder Hinsicht als richtig erwiesen. Der ICE-Bahnhof ist Symbol für die außerordentlich gute Entwicklung unseres Kreises, wobei die weitsichtige Politik, die Kreistag und Verwaltung betreiben, einen entsprechenden Anteil daran haben.

Thema Finanzen: Vor zwei Jahren hat der Kreistag beschlossen bis 2013 rund 8,4 Millionen Euro bei Personal- und Sachkosten einzusparen. Werden die selbstgesetzten Sparziele erreicht?
Kühn: Wir haben die Sparziele dank einer umsichtigen Personalbewirtschaftung und den Bemühungen der Sparkommission bisher weitestgehend erreicht. Dennoch dürften diese Bemühungen wieder nahezu vergeblich geworden sein, da der Haushalt durch den sehr hohen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst sowie ständigen Ausgaben- und Aufgabenzuweisungen durch Bund und Land wieder erneut zusätzlich belastet wird. Tatsache bleibt aber, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen vollkommen unterfinanziert sind und das Land in der Pflicht bleibt, für eine ausreichende Finanzierung Sorge zu tragen.

Nahezu alle Projekte der Regionale 2010 sind vollendet oder in der Umsetzung. Wie fällt Ihr Regionale-Fazit aus?
Kühn: Äußerst positiv! Dank des enormen Einsatzes der Regionaleverantwortlichen beim Kreis, der Städte und Gemeinden und der Regionale 2010 Agentur sind zukunftsweisende Projekte entstanden, die zum einen für Innovation stehen, wie beispielsweise :agrohort zwischen Meckenheim und Rheinbach und zum anderen auch den Rhein-Sieg-Kreis lebenswerter machen. Beispiele hierfür sind die Projekte im Siebengebirge wie der Neubau des Drachenfelsplateaus, die Neugestaltung der Klosterlandschaft Heisterbach, die Aktivitäten in der Wahner Heide und der Radweg durchs Siegtal.

Sie haben beim Bonner OB Jürgen Nimptsch mehrfach eine gemeinsame Linie zur Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetzes angemahnt...Kühn: Mit dem Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch stehe ich in ständigem Kontakt. Insbesondere in der Frage der dauerhaften fairen Arbeitsteilung, was den Regierungssitz betrifft. Wir haben keine grundlegenden Meinungsverschiedenheiten. Ich räume allerdings ein, dass ich gegenüber der Bundesregierung und insbesondere gegenüber dem Verteidigungsminister eine etwas härtere Gangart eingelegt habe als mein Bonner Kollege. Eins steht für uns beide fest, dass wir immer wieder die Bundespolitik an die Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetztes erinnern müssen.

Zur Person
Frithjof Kühn, geboren 1943 in Fürstenfeldbruck, studierte Jura in Bonn,Wien, Köln und München. 1981 trat er in den Dienst der Kreisverwaltung Siegburg, unter anderem als Dezernent, Kämmerer und Oberkreisdirektor. 1999 wurde er bei der ersten Direktwahl zum Landrat gewählt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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