Dichter-Wettstreit in Rheinbach

RHEINBACH · "Sprechreiz" und "Sprachvirus" gehen um - und 120 Rheinbacher haben sich direkt infiziert: beim ersten "RheinHexenSlam" am Freitag in der Aula der katholischen Grundschule.

 Fünf-Minuten-Auftritt: Laura Reichel beim Poetry Slam.

Fünf-Minuten-Auftritt: Laura Reichel beim Poetry Slam.

Foto: Wolfgang Henry

Ausgefeilte Darbietungen, eine mitreißende Moderation und ein ausverkaufter Saal begeisterungsfähiger Slam-Neulinge machten den Dichter-Wettstreit zum stimmungsvollen Erfolg.

Acht Slam-Poeten zwischen 17 und 38 Jahren aus verschiedenen Städten traten auf Einladung der Öffentlichen Bücherei Sankt Martin und des Vereins "Rheinbach liest" mit Kurzbeiträgen gegeneinander an.

Und gewannen die Jury und das Publikum mit den unterschiedlichsten Vortragsstilen und Themen allesamt für sich - von der Persiflage auf die Werbebranche oder Literaturkritik bis hin zum sensiblen Tribut an Sternenkinder im Hospiz.

In nur fünf Minuten pro Auftritt und mit nichts als dem Mikro in der Hand und der eigenen Stimme und Mimik galt es, die Publikums-Jury zu überzeugen und dank hoher Punktzahlen zunächst ins Halbfinale und dann ins Finale einzuziehen.

In Berater Tobias Hasenberg und Moderator Lasse Samström hatten die Veranstalter zwei erfahrene Slam-Experten verpflichtet. Samström, selbst Deutscher Meister im Poetry Slam 2002 und ehemaliger Pallotti-Schüler, heizte die Stimmung durch selbstironische Anekdoten und viel Publikumsschelte an.

Ob Maximilian Humpert, der "in jeder zweiten deutschen Stadt Erinnerungssplitter von seiner ersten Liebe im Koma" erzählt, oder Anke Fuchs, die auf "Abstand" zum "Stück Mensch hinter der Haut" geht und Wellness beim Spülen sucht: Das Gros der Kandidaten waren "alte Hasen" der Slammer-Szene, mit allen Wassern der Performance gewaschen und bereits mehrfach ausgezeichnet.

Mit dem Amerikaner Danny Sherrad, der das Publikum mit stark akzentgefärbten deutschen Sprichwörtern erheiterte, beehrte gar der US-Slam-Champion von 2008 den Hexen-Slam - "das ist der Networking-Effekt der Szene", wie Hasenberg die prominente Besetzung erklärte.

Aber auch zwei noch ganz unerfahrene hiesige Talente trauten sich auf die Bühne: Die Sankt-Joseph-Gymnasiastinnen Emma Scheck (17) und Ulrike Peisker (18) beeindruckten das Publikum mit eigenen Texten und souveränem Auftritt. Ulrike, die seit ihrem 14. Lebensjahr dichtet, wandte sich mit rhythmischen Sprechreimen gegen "lähmende Erwartungen" und die "Liste von Untragbarkeiten" des Alltags.

Mit messerscharfer Eloquenz, empfindlicher Gesellschaftskritik und ausgefeilter Sprachkritik am heutigen "Hypertextmist" und den "kryptischen Zeichensprachen aus Emoticons" entzündete Florian Cieslik "mit trojanischer List ein neues Sprachfeuer" und eroberte das Publikum mit seinen "Letzten Worten I und II" im Sturm. Er setzte sich im Finale gegen Maximilian Humpert durch und gewann mit dem ersten Platz einen Hexenturm-Anhänger als Preis.

Aber auch Svenja Gräfen als "Feature Poet" außer Konkurrenz, Laura Reichel und Sven Golze fesselten das Publikum mit "dichten Geschichten".

Der Erfolg der Premiere bestätigt die Veranstalter in der Planung einer zweiten Runde: "Den nächsten Hexen-Slam gibt es Ende April oder Anfang Mai - also rund um die Walpurgisnacht", kündigen Steffi Scherer und Gerd Engel von "Rheinbach liest" an.

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