Stadtwerkegründung in der Region Der Traum vom eigenen Strom

KREIS AHRWEILER · Achim Juchem, Bürgermeister der Gemeinde Grafschaft, ist zuversichtlich. Nach mehr als zweijährigem Verhandlungsmarathon befindet man sich hinsichtlich der geplanten eigenen Stadtwerke für Remagen, Bad Breisig, Sinzig, die Grafschaft, Gönnersdorf, Brohl-Lützing und Burgbrohl offenbar auf der Zielgeraden.

60.000 Menschen aus sieben Kommunen könnten ihren Strom aus gemeinsamen Stadtwerken beziehen.

60.000 Menschen aus sieben Kommunen könnten ihren Strom aus gemeinsamen Stadtwerken beziehen.

Foto: dpa

Juchem war von seinen Bürgermeisterkollegen mit der Verhandlungsführung betraut worden. Ende des Jahres, so der Grafschafter Verwaltungschef, könnte alles in trockenen Tüchern sein. 60.000 Menschen, die Hälfte aller Kreisbewohner, würden dann ihren Strom von eigenen Stadtwerken beziehen.

Mit seiner Prognose ist Juchem grundsätzlich zurückhaltend. Immerhin hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Verzögerungen in der hoch komplizierten Frage, woher man künftig den Strom beziehen will, gegeben.

Im Jahre 1990 wurden die mit einer Lauffrist von 20 Jahren geschlossenen Altverträge mit Stromversorgern geschlossen. Den Städten und Gemeinden fiel für die Nutzung von kommunaler Infrastruktur die sogenannte Konzessionsabgabe zu. Ein im Übrigen stattlicher Betrag, der alleine bei den sieben Kommunen knapp zwei Millionen Euro im Jahr ausmacht.

Als 2010 die Verträge ausliefen ging es zunächst darum, noch bessere Konditionen mit den Stromversorgern auszuhandeln. Zudem wurden Überlegungen laut, eigene Stadtwerke zu gründen. Das Ziel: Es sollte für die Kommunen ein Mehrwert geschaffen werden, von dem insbesondere nach Abzahlung der Investitionskosten künftige Generationen profitieren könnten.

Die Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler beschritt recht flott diesen neuen Weg und gründete die Ahrtal-Werke. Andere Städte und Gemeinden beschlossen eine Kooperation. Neben den genannten Sieben gehörten anfänglich auch Altenahr und Adenau dazu. Nach Machbarkeitsstudie und ersten Verhandlungen mit vier Bewerbern als Know-how-Träger (EVM, RWE, Stadtwerke Bonn und Stadtwerke Schwäbisch Hall) stieg man in die "Endverhandlungen" ein. 2010 wurde den Ratsvertretern aller beteiligten Kommunen das Modell vorgestellt.

Dann aber stiegen Altenahr und Adenau aus und verlängerten ihre bisherigen Konzessionsverträge: Eine völlig neue Geschäftsgrundlage war gegeben, da nun das Versorgungsgebiet schrumpfte. Ein neues Verfahren begann.

Erneut - insgesamt bereits zum vierten Mal - musste unter den veränderten Kriterien und Anforderungsprofilen neu ausgeschrieben und verhandelt werden. Ende 2011 wartete das RWE mit neuen Netzwertdaten auf. Auch dies veränderte die Kalkulationsgrundlage für alle Beteiligten. Weitere Schwierigkeit: Die Anbieter legten insgesamt 17 verschiedene Angebote vor, die vergleichbar gemacht werden mussten, da mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Daten gearbeitet wurde.

Damit nicht genug: Auch kam es im Frühjahr 2012 zu Änderungen in der Angebotsbewertung, die durch Rechtsprechungen hervorgerufen wurden. "Dem musste Rechnung getragen werden", so Juchem. Abzuwarten, und insoweit auch nicht frei von Risiko bleibt, inwieweit es - wo auch immer in Deutschland - im Zusammenhang mit Stromversorgung und Konzessionierungen noch höchstrichterliche Rechtsprechungen geben wird, die dann die Qualität einer Rechtsnorm haben werden.

Im November soll es eine neue Informationsveranstaltung für die Ratsmitglieder der beteiligten Städte und Gemeinden geben, die dann im Anschluss noch vor Dezember ihre Entscheidung treffen sollen.

Juchem geht davon aus, dass dann der Weg für die neuen Stadtwerke, getragen von sieben Kommunen, frei sein wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort