Der Ring-Racer bleibt auf der Standspur

NÜRBURGRING · Er sollte zu den Hauptattraktionen des neuen Nürburgrings gehören: der Ring-Racer. Mit 240 Stundenkilometern sollte die Achterbahn seine Passagiere über ein 1220 Meter langes Stahlgerüst sausen lassen. Statt "High Thrill" gibt es derzeit jedoch immer noch nur "Low Emotion" - nämlich Stillstand.

13,5 Millionen US-Dollar hat das pneumatisch angetriebene Basis-Modell "High-Thrill Coaster" des amerikanischen Herstellers "S & S Worldwide" gekostet. Hinzu kamen 2,7 Millionen Dollar für eine technische Aufrüstung, mit deren Hilfe die Achterbahn zu Deutschlands schnellstem Fahrgeschäft avancieren sollte. Aus der blitzschnellen Fahrt wurde aber bekanntlich nichts.

Ein Software-Fehler sorgte kurz nach der Eröffnung der Erlebniswelt im Sommer 2009 am Fuß der Nürburg für einen lauten Knall, mit dem sich der Ring-Racer aus der Welt der intakten Fahrgeschäfte bis heute verabschiedete. Sieben Verletzte hatte es damals gegeben, das Startsystem war völlig zerstört.

Seither wird gewerkelt, geschraubt und getestet, um das zum dauerhaften Boxenaufenthalt verdonnerte High-Tech-Gerät wieder flott zu bekommen. Ein neuer Versuch wurde gestartet. Wieder gab es eine Explosion. Die Schrauben flogen diesmal bis in die Boxengasse. Die nächste Fehlersuche begann, erneut gab es unbemannte Testfahrten, Fehleranalysen wurden erstellt. Ziel: Zum Formel-1-Rennen im vergangenen Juli sollte sich endlich die Startflagge für den Racer senken. Zwar mit reichlich gestutzten Flügeln, nämlich nur noch mit 160 Stundenkilometern, aber immerhin.

Die Ringbetreiber Kai Richter und Jörg Lindner verkündeten, der Schienenflitzer werde nun endlich aus der Box gefahren und Fahrt aufnehmen. Es kam anders. Die Gewerbeaufsicht der Kreisverwaltung Ahrweiler bremste das Unternehmer-Duo aus. Während Richter dem General-Anzeiger sagte, sämtliche zur Genehmigung erforderlichen Unterlagen seien nebst einer vom TÜV erteilten technischen Betriebsgenehmigung im Juli 2011 bei der Kreisverwaltung eingereicht worden, heißt es sieben Monate später aus dem Kreishaus: "Der Ring-Racer kann noch nicht genehmigt werden, da der Betreiber noch nicht sämtliche erforderlichen Sachverständigengutachten, Sicherheitsnachweise und Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorgelegt hat." Die Betreiber erklärten daraufhin, sie könnten nicht verstehen, warum die Kreisverwaltung "immer neue Gutachten verlangt".

Ein Verkauf des Ring-Racers ist möglich

Das Land, dem die Rennstrecke und die Immobilien drumherum gehören, geht nach wie vor davon aus, dass der Ring-Racer in Betrieb geht. Wann, das ließ das Innenministerium offen. Die Kreisverwaltung, so teilte das Ministerium Montag auf Anfrage mit, erwarte noch die Vorlage eines "medizinischen Gutachtens und den Nachweis einer Evakuierungsmöglichkeit, wenn die Achterbahn auf dem höchsten Punkt des Loopings stehen bleiben sollte".

Nach GA-Informationen wurde der Kaufpreis für die fahruntaugliche Achterbahn bis auf einen kleinen Restbetrag in fast voller Höhe bezahlt. Das Land erklärte hierzu nur, der Kaufpreis sei "nicht in voller Höhe bezahlt worden". Was im kaufmännischen Gebaren bei einer mit Mängeln ausstaffierten Ware Usus ist, also auf Wandlung, Umtausch, Minderung oder Schadenersatz zu bestehen, soll auch beim Achterbahnkauf beachtet worden sein, sagt das Land.

Anderer Meinung ist die Nürburgring Automotive GmbH (NAG), Betreiberin der Erlebniswelt: Die Nürburgring GmbH als Bauherrin, also das Land, habe auf die Möglichkeit der Schadenersatzforderung verzichtet, um seinerzeit die Fertigstellung des Ring-Racers nicht zu verzögern, teilt Karl-Heinz Steinkühler, Sprecher der Betreibergesellschaft, mit.

Das Land Rheinland-Pfalz widerspricht: "Die Nürburgring GmbH hat mit dem Hersteller einen Vergleich geschlossen. Schadensersatzforderungen wurden insoweit anerkannt. Eine mögliche Geltendmachung weiterer Ansprüche bleibt davon unberührt", erklärt der Sprecher des Innenministeriums, Joachim Winkler.

Eine Rückgabe des kostspieligen Dauerparkers an den amerikanischen Hersteller hält die NAG für ausgeschlossen. Ein Verkauf des Stahlkolosses sei indes jedoch möglich. Das allerdings wohl nur mit einem erheblichen finanziellen Verlust. Ein mündliches Angebot eines ausländischen Freizeitparkbetreibers liege dem Betreiber bereits vor.

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