Der Gesandte verlässt Bonn "höchst unwillig"

Österreich schließt seine Botschaft - Der Käufer reißt zwei Gebäude ab und errichtet dort Wohnhäuser - Professor Agstner plädiert für ein Honorarkonsulat in der Bundesstadt

Bonn. So gar nicht diplomatisch drückte sich Professor Rudolf Agstner aus, als der GA ihn auf den Verkauf der Außenstelle Bonn der österreichischen Botschaft anspricht. "Das war eine politische Entscheidung von Groschenzählern - oder sagt man jetzt: Centzählern?! - in Wien", sagt der Gesandte und Leiter der Außenstelle. "Höchst unwillig" verlasse er Bonn, fügt er hinzu.

Ende kommenden Monats gehen in dem Gebäudekomplex Johanniterstraße/Friedrich-Wilhelm-Straße/Zitelmannstraße die Lichter aus. Während Agstner vermutlich als Botschafter nach Äthiopien geht, suchen seine vier Mitarbeiter einen neuen Job. Der Käufer des Anwesens plant den Abriss des sogenannten Chauffeur-Häuschens sowie des Amtsgebäudes; auf dem Areal sollen drei Wohnhäuser errichtet werden. Die Villa in der Friedrich-Wilhelm-Straße 14 bleibt hingegen erhalten und wird saniert.

Mit dem Abschied aus Bonn endet eine 56-jährige Ära. Denn am 5. Juni 1950 begann mit der Ankunft von Josef Schöner, offiziell "Österreichischer Konsul in der Britischen Besatzungszone", im Bonner Hotel Königshof die diplomatische Präsenz des Alpenstaates in der jungen Bundesrepublik.

Vier Jahre später kaufte Wien als Residenz für den Botschafter die genannte Villa, die sich 1921/22 der Remscheider Messerfabrikant Hermann Heinrich Böker von dem Bonner Architekten Julius Rolffs errichten ließ. 1976/77 bauten die Österreicher im Garten der Residenz ein Bürogebäude für die Kanzlei der Botschaft - die seit 1999, mit dem Umzug nach Berlin, den Titel "Außenstelle Bonn" erhielt.

Mit der Schließung dieser Außenstelle und der bereits zuvor beschlossenen Liquidierung des Generalkonsulats in Düsseldorf endet die Präsenz der Alpenrepublik in NRW. Rudolf Agstner stellt dazu fest: "Eine Woche nach dem 60. Geburtstag von Nordrhein-Westfalen wird sich Österreich von einem seiner wichtigsten Handelspartner in der Welt - die Ausfuhren und Einfuhren beliefen sich in beiden Richtungen 2005 auf 11,5 Milliarden Euro - und von rund 30 000 in NRW lebenden Auslandsösterreichern verabschieden."

Diese 30 000, aber auch 20 000 Landsleute aus Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland, die von Bonn aus "betreut" wurden, "müssen jetzt nach Berlin fliegen, wenn sie was von uns wollen", stellt der Gesandte fest. Derzeit sucht Wien einen Honorarkonsul in Düsseldorf. "Dabei würde sich", meint Agstner, "doch auch der UN-Standort Bonn für ein österreichisches Honorarkonsulat eignen."

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