Berichterstattung in Bad Neuenahr-Ahrweiler Bürgermeister Orthen hält an Sperrfrist fest

Kreisstadt · Der Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU), will nicht, dass die Presse über anstehende Stadtratsberatungen vorab berichtet. Damit verhindert er indirekt, dass der Bürger umfassend und frühzeitig über etwaige Veränderungen in seiner Stadt informiert wird.

 Vorlage mit Sperrfrist: Über anstehende Entscheidungen soll vorab nicht berichtet werden.

Vorlage mit Sperrfrist: Über anstehende Entscheidungen soll vorab nicht berichtet werden.

Foto: Schmitt

Orthen erklärte, eine Vorab-Berichterstattung beziehungsweise eine Vorab-Diskussion von Tagesordnungspunkten erschwere die unabhängige Meinungsbildung der dazu von Verfassung und Gesetz berufenen politischen Gremien.

Die Kreisstadt stellt Pressevertretern Sitzungsunterlagen für Stadtratssitzungen in der Regel einige Tage vor der Sitzung zu. Diese Unterlagen, in denen Sachstände dargelegt und Beschlussvorschläge enthalten sind, unterliegen regelmäßig einer Sperrfrist, die zu Sitzungsbeginn endet. Dies hat zur Folge, dass Bürger gar nicht oder nur per amtlicher Bekanntmachung aufgeklärt werden, welche Beratungspunkte und Problemstellungen anstehen, zumal die in den Bekanntmachungen abgedruckten Tagesordnungspunkte selten selbsterklärend sind.

Orthen erklärte auf Anfrage des General-Anzeigers, eine gesetzliche Vorgabe, in welcher Form Behörden Auskünfte zu erteilen haben, gebe es nicht. Um dem gesetzlichen Informationsanspruch der Medien sowie der Bürgerschaft gerecht zu werden, erhalte die Presse im Vorfeld einer Ratssitzung die kompletten Beschlussvorlagen in Papierform, die dann mit einer Sperrfrist versehen seien, "damit keine Vorabveröffentlichung erfolgt". Auch gebe es regelmäßig vertiefende Pressegespräche. Deren Inhalt unterliegen jedoch ebenso der Sperrfrist. An der praktizierten Vorgehensweise werde man festhalten, so Orthen.

Nach Ansicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist die Bürgerbeteiligung ein Grundprinzip der Kommunalpolitik und "sollte für die Praxis einen hohen Stellenwert haben". Protestbewegungen zeigten, dass Bürger eingebunden werden und sich einbringen wollten.

Die Bürgerbeteiligung sei zu modernisieren. Aufklärungsarbeit dürfe nicht erst beginnen, "wenn die Bagger fahren, sondern sollte schon mit Beginn der ersten Planungen ansetzen", erklärte Sprecher Franz-Reinhard Habbel. Es dürfe nicht um eine "Demokratisierung der Verwaltung" gehen, sondern vielmehr um eine stärkere Beteiligung der Bürger am Verwaltungshandeln.

Transparenz und Bürgerbeteiligung seien Merkmale einer lebendigen Demokratie und ein hohes Gut der Kultur, erklärte die FDP der Kreisstadt. Den Liberalen sei es wichtig, die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Aus Sicht der Liberalen sei es ein hohes Gut, Bürger in die zu beratenden Themen und anstehenden Entscheidungen einzubeziehen. "Deshalb plädieren wir dafür, auf Sperrfristen zu verzichten und nur in begründeten Fällen zu verwenden", sagte FDP-Fraktionschef Hellmut Meinhof.

Ratsmitglied Rolf Deißler (FWG) sagte: "Ich würde es für angemessen halten, wenn Sitzungsvorlagen auch im Vorfeld einer Ratssitzung diskutiert werden können. Nur so können wir Bürger wieder zur kommunalpolitischen Teilhabe gewinnen. Die Vorstellung des Bürgermeisters, eine Vorab-Berichterstattung erschwere meine Unabhängigkeit und Meinungsbildung, ist nur schwer nachzuvollziehen."

Horst Gies erklärte für die CDU: "Es handelt sich um eine Angelegenheit des Bürgermeisters und der kreisstädtischen Gremien. Orthen handelt nach der Gemeindeordnung." SPD und Grüne äußerten sich zu dem Thema nicht.

In Remagen, Bad Breisig oder der Grafschaft gibt es Sitzungsunterlagen ohne Sperrfrist.

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