Bahn zieht personelle Konsequenzen

Nach Unfall in Bonner Südstadt werden Lokführer und Zugbegleiter "einiges zu hören bekommen" - Aussteigen nur unter Aufsicht erlaubt

Schlecht geschlafen habe er, gestand Bahnsprecher Manfred Ziegerath. Das, was am Donnerstag rund um das Zugunglück in der Südstadt passierte, nagte noch am Freitag an ihm. "Unser Image ist schon nicht allzu gut, obwohl wir in den vergangenen Jahren vieles zum Positiven verändert haben - bessere Fahrzeuge, sauberere Bahnhöfe. Doch mit der Information unserer Kunden hapert es immer noch", ärgerte er sich und kündigte personelle Konsequenzen an.

"Sie werden einiges zu hören bekommen", sagte er dem GA. Mit "sie" meinte er Lokführer und Zugbegleiter, denn die hätten die Fahrgäste nicht über den Grund der Störung informiert. "Das können wir nicht dulden." Alle Zugbegleiter hätten ein Handy, der Lokführer sei über den Zugbahnfunk zu erreichen. Zudem habe er Kontakt mit der Betriebszentrale und dem Fahrdienstleiter. Ziegerath: "An Informationen heran zu kommen und sie weiter zu geben, ist also nicht schwer."

Wie berichtet, war eine Diesellokomotive am Donnerstagnachmittag in Höhe Kaiserstraße/Königstraße mit dem Regionalexpress 11 148 (Emmerich-Koblenz) zusammengestoßen. 16 Fahrgäste wurden leicht verletzt. Der Personenzug war kurz nach 14 Uhr aus dem Hauptbahnhof Richtung Süden gerollt. Ein paar Minuten später blieb er am Bonn-Center liegen, stand dort dann längere Zeit, ehe er langsam Richtung Hauptbahnhof zurück fuhr. In Höhe Königstraße blieb er wieder liegen, und als eine sogenannte Hilfslok ankuppeln wollte, rollte der Zug zurück und prallte gegen die Lok.

Die Ursache ist weiterhin unklar. Bundesgrenzschutz und Eisenbahn-Bundesamt werten zurzeit die Fahrtenschreiber aus. Nachdem die Verletzten geborgen waren, durften auch die anderen Fahrgäste den Zug verlassen. "Fast zwei Stunden hingen wir im Zug fest, ohne informiert zu werden", ärgerte sich ein Reisender.

Durch den Unfall und die Gleissperrungen kam es im Fern- und Regionalverkehr zu erheblichen Verspätungen. "Es hat sich alles aufgestaut, und übereinander können wir halt nicht fahren", nannte der Bahnsprecher den Grund, warum zum Beispiel auch keine Züge zwischen Euskirchen und Bonn verkehrten. Viele stoppten auf freier Strecke. So auch der Regionalexpress 11 227 (Wuppertal-Köln-Koblenz). Er war mit 13 Minuten Verspätung um 15.48 Uhr vom Bahnhof Roisdorf losgefahren.

Der Unfall war um 15.46 Uhr passiert. Zwei Minuten sind laut Ziegerath zu wenig, um den Zug vor der Abfahrt anzuhalten, damit die Reisenden hätten aussteigen können. "Bis alle verständigt sind, dauert es etwas länger." Drei Mal, so ein Fahrgast, sei der Zug auf offener Strecke stehen geblieben. "Weit mehr als eine Stunde standen wir nur ungefähr 500 Meter vom Bonner Hauptbahnhof entfernt", berichtete er. Einige Reisende seien ausgestiegen, was Polizeibeamte später verhindert hätten.

"Wir können niemanden auf freier Strecke aussteigen lassen. Die Gefahr ist viel zu groß, auch wenn Gleise gesperrt sind", sagte Ziegerath. Der Zug stehe erhöht, es gebe keinen Bahnsteig, es gehe fast einen Meter ins Schotterbett hinunter. "Stellen Sie sich vor, da stürzt einer und bricht sich die Knochen. . . " Aussteigen lassen könne man nur unter Aufsicht und Anweisung und nur an einer Seite. Übrigens: Der Zug aus Roisdorf lief mit 140 Minuten Verspätung im Hauptbahnhof ein. Ein "Kommunikationskatalog", der laut Bahn zurzeit aufgestellt wird, soll helfen, den Service zu verbessern. Damit auch Ziegerath bald wieder besser schlafen kann.

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