Bonner Frauenmuseum Umfassender Überblick über das Werk von Mary Bauermeister
Bonn · "Ich beurteile die Kunst danach, mit welchem Energiezustand man aus einer Kunstausstellung herauskommt. Kunst muss ein Energiespender sein." Mary Bauermeisters Rückblick auf ihr turbulentes Leben und ein vielseitiges Werk, das 60 Jahre umfasst, fällt positiv aus.
Bereut habe sie nichts, sagt die 77-jährige Künstlerin, deren Erscheinung und Auftreten unverändert unkonventionell und lebhaft ist. Höchstens, dass sie einige ihrer Arbeiten aus den 50er Jahren zerstört habe, weil sie ihr später kitschig erschienen. Für die Retrospektive, die ihr das Bonner Frauenmuseum ausrichtet, war das kein Problem, denn Mary Bauermeisters Oeuvre ist unüberschaubar groß.
Wäre es nach ihren Eltern gegangen, hätte die junge Mary Mathematik studiert, aber schon als 20-Jährige setzt sie ihren Kopf durch und beginnt in Ulm und später in Saarbrücken ein Kunststudium. Wurzeln schlägt sie schließlich in Köln, wo in ihrem Atelier von Beginn der 60er Jahre an legendäre avantgardistische Veranstaltungen mit Dichtern, Komponisten und bildenden Künstlern wie Joseph Beuys, Wolf Vostell, John Cage, Christo oder Nam June Paik stattfinden.
Bauermeister lernt in einem Kompositionskurs Karlheinz Stockhausen kennen, die beiden werden ein Paar und heiraten 1967. Mittlerweile ist aus der großartigen Zeichnerin Bauermeister eine Künstlerin geworden, die die unterschiedlichsten Materialien, von Steinen bis zu Kamelmist, verwendet und damit auch in den USA Anerkennung und regelmäßige Ausstellungsmöglichkeiten findet. Sie kauft armen sizilianischen Familien ihre zigfach geflickten Betttücher ab und stellt sie als "ready trouvée" aus.
Sie baut absurde Staffeleien, um den "Materialfetischismus, der uns Künstler treibt" offenzulegen und entwirft Linsenkästen, in deren Linsen, Prismen, Zeichnungen und Texten sich ein eigener Kosmos versteckt. Humorvoll und bitterböse zugleich schießt sie ihre gesellschaftskritischen Pfeile ab. Aus allen Werkgruppen sind wunderbare Beispiele ausgestellt.
Ihre elfjährige Ehe mit Stockhausen, sagt Mary Bauermeister, sei wie "Schlittschuhlaufen durch Hölle und Himmel" gewesen. Seit der Trennung von ihm habe sie sich "nie mehr über einen Partner definiert". Auch Amerika und seinem "oberflächlichen Feminismus" hat sie den Rücken gekehrt und sich in Rösrath in der Nähe von Köln niedergelassen. "Ich bin ein Nachvorneschauer", sagt Mary Bauermeister und baut weiter an ihrem Haus mit "Wundergarten" und Kunstsammlung, das auch Besuchern offen steht.
Frauenmuseum, Im Krausfeld 10; bis 19. August, Di-Sa 14-18, So 11-18 Uhr, Katalog erscheint zur "Hommage an Mary" am 22. Juli. Lesung mit Mary Bauermeister aus ihrem Buch "Ich hänge im Triolengitter" am 17. Juni um 15 Uhr.