"Zettel's Traum" wird im Bonner Kunstverein vorgestellt

Vor 40 Jahren erschien "Zettel's Traum" als Faksimile und machte Arno Schmidt auf einen Schlag berühmt. Nun ist der Roman erstmals als gesetztes Buch erschienen und wird am Donnerstag vorgestellt.

Bonn. "Es wird sich nicht mehr setzen lassen", klagte Arno Schmidt, als er das Buch 1968 vollendet hatte. So erschien vor nun 40 Jahren "Zettel's Traum" als Faksimile und machte den Autor auf einen Schlag berühmt. Dabei erwiesen sich die handschriftlichen Korrekturen, Streichungen und das für den Leser unfreundliche Satzbild der Schreibmaschine neben der komplizierten Struktur des Romans als nur schwer zu überwindende Hürde für die Lektüre. Schon im Typoskript umfasst das wichtigste Buch des Schriftstellers 1334 DIN-A3-Seiten.

Nun ist "Zettel's Traum" erstmals als gesetztes Buch erschienen, es wird am Donnerstag vom Buchladens 46 im Bonner Kunstverein vorstellt. Mit dem Roman wird die Bargfelder Ausgabe der Werke Arno Schmidts abgeschlossen. Jahrelang mühten sich Setzer, Herausgeber und Korrektoren, das hochkomplexe Layout und die eigentümliche Rechtschreibung des dreispaltigen Romans mit seinen zahlreichen Randglossen in einen lesefreundlichen Schriftsatz zu überführen, ohne den Charakter des "Überbuchs" zu gefährden oder Eigenheiten zu glätten.

Was stünde nicht in "Zettel's Traum?", fragte Arno Schmidt einmal selbstironisch und selbstbewusst. Der Roman erzählt von der vergeblichen und prekären Liebe zwischen dem alternden Schriftsteller Daniel Pagenstecher, dem Alter Ego des Autors, und der sechzehnjährigen Franziska Jacobi, Tochter des Übersetzer-Ehepaars Paul und Wilma Jacobi.

Diese treffen sich an einem Julitag, von morgens um halb 4 bis zum nächsten Morgen um halb 4 in Ödlingen, einem fiktiven Ort in der südlichen Lüneburger Heide. Das ist ein großer Erzählstrang des Romans, die beiden anderen befassen sich mit Edgar Allan Poe und Sigmund Freud; es wird im Roman nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern vom Erzählen und seinen Voraussetzungen überhaupt gehandelt, zur Eröffnung in Umrissen eine Theorie zur Abbildung unbewusster Wünsche und Zwänge in der Literatur geliefert. Der Leser erfährt, dass über den Klang der Worte oft ganz andere Vorstellungen assoziiert werden, die berühmten "Etym-Effekte".

Der dozierende Pagenstecher, Schriftsteller und Poe-Fachmann, belehrt sein dreiköpfiges Publikum, von dem sich Paul aufgeschlossen, Wilma ablehnend und Franziska in bald uferloser Anbetung verhält. Ein Dauerthema des Romans ist der Voyeurismus, er gipfelt kurz vor dem Ende darin, dass Daniel (Dän) und Franziska Wilma und Paul beim Sex zusehen. Pagenstecher versucht Franziska davon zu überzeugen, dass die Verwirklichung einer Liebe stets in einer Katastrophe enden muss. Er verschwindet, als die Familie Jacobi abreist. Hinter einer Eiche versteckt sieht der alternde Schriftsteller die junge Liebe seines Lebens auf immer davonreisen: "Gehab Dich wohl, Mein=Lieb! Auf hundert Meil'n weit!"

Bargfelder Ausgabe. Werkgruppe IV: Das Spätwerk: Band 1: Zettel's Traum. Suhrkamp Verlag, 1536 S., 298 Euro. Buchpräsentation vom Bonner Buchladen 46 in Zusammenarbeit mit der Arno Schmidt Stiftung Donnerstag, 20 Uhr, im Bonner Kunstverein, Hochstadenring.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort