Wenn der Ohrwurm an den Nerven sägt

Der Siegburger Madrigalchor und der Chor KlangArt begeistern beim gemeinsamen Konzert mit peppigen Tönen.

 Treffen immer den richtigen Ton: Die Sängerinnen und Sänger des Siegburger Madrigalchores.

Treffen immer den richtigen Ton: Die Sängerinnen und Sänger des Siegburger Madrigalchores.

Foto: Axel Vogel

Siegburg. "Hallo! Hallo!" tönt es mit bohrender Nachdringlichkeit. "Ich bin's, dein Ohrwurm." Wenn sich der unverschämte Kerl im Ohr immer wieder ins Gedächtnis bringt, kann das - bei aller Liebe - ziemlich nervig sein. Davon wussten die 26 Sängerinnen und Sänger des Siegburger Madrigalchores und der Chor KlangArt bei ihrem gemeinsamen Auftritt in der Kunst- und Ausstellungshalle des "Jungen Forum Kunst" ein Liedchen zu singen.

Eines, das auf dem besten Weg ist, selbst zum Ohrwurm zu werden, zumal es aus prominenter Feder stammt. Frei nach der Kölner A-cappella-Gruppe "Wise Guys" hatten sich die Siegburger Sänger unter der Leitung von Radegund Ebus mit Evergreens und solchen, die es werden können, auseinandergesetzt. Was herauskam, war ein Programm, das aus vielen Gründen aufhorchen ließ.

Neue Klänge und neue Wege hatten die Sänger des Madrigalchors beschritten, um sich in Siegburg topfit zu präsentieren. Gut 200 Fans erlebten das Gemeinschaftskonzert mit KlangArt, das viele innovative Ideen verriet. Zunächst einmal der Konzertsaal: Erstmalig trat der Chor in der Kunst- und Ausstellungshalle an der Luisenstraße auf.

Hausherr Kalle Löbach vom "Jungen Forum Kunst" hatte den Sängern die Räume zur Verfügung gestellt - Skulpturen und Bilder wichen der klingenden Kunst. Stellwände wurden zu Raumtrennern. Und fertig war der moderne Konzertsaal, der zum modernen Programm beider Chöre bestens passte.

Pop-Klassiker von Cat Stevens, den Beatles, oder Gershwin gingen dem Madrigalchor genauso leicht über die Lippen wie die Sätze der Wise Guys, mit denen Chorleiterin Radegund Ebus einmal mehr punktete. Dass der Traditionschor über klassische Programme verfügt, hat er in den letzten vier Jahrzehnten hinlänglich beweisen können.

Doch auch die sogenannte U-Musik (unterhaltende Musik) - das wusste Moderator und Madrigalchor-Vorsitzender Bernd Jägering humorvoll zu vermitteln - bedarf eines sensiblen Umgangs. Und sie fordert von den Sängern stimmtechnisches Können und vor allem Rhythmusgefühl. Beides kostete Radegund Ebus aus und zeichnete ihren Chor damit als aufgeschlossen und vielgestaltig aus.

Der wesentlich jüngere Chor "KlangArt" passte damit ebenfalls ins neue Konzept. Ursprünglich als Projektchor zum 100-Jährigen der Nordschule gegründet, hat sich die Singgemeinschaft längst von ihrer Gründungsidee gelöst und steht für anspruchsvolles Liedgut mit peppigem Unterhaltungsanspruch.

Ruslan Alijev ist als Chorleiter und Arrangeur sämtlicher Chorsätze immer dicht an seinem Chor: "Jeder Chor hat seinen eigenen Klang", sagt der studierte Sänger. "Und deshalb richte ich meine Arrangements nach den Fähigkeiten der Sänger." Das Ergebnis sind Vorträge von berauschender Klarheit, die auch viel Fingerspitzengefühl bei der Intonation und dynamische Spannung verraten.

In reinem A-capella-Satz hat Alijev etwa den ABBA-Song "Lay all your love on me" arrangiert. Das rasante Metrum galt es nun - ohne instrumentale Unterstützung - in eine innere Dynamik zu wandeln. Das Experiment gelang - der Popsong wurde zur Meditation und begeisterte das Siegburger Publikum.

Nicht nur das: Auch als Solisten konnten die beiden Chorleiter begeistern. Radegund Ebus mit ihrer höhensicheren Sopranstimme und Ruslan Alijev mit einem charaktervollen, bis in Tenor-Lagen reichenden Bariton. Ein Konzert, das mit seinem neuen Programm, den modernen Räumlichkeiten und natürlich mit seinen Akteuren rundum begeisterte. Als gefeierte Zugabe gab es eine jazzige Variante des Volksliedes "Kein schöner Land".

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