Süffig und verstörend

Die Anstrengungen haben sich gelohnt: Das Akademische Orchester glänzt mit Mahler und Mozart in der Aula der Bonner Universität

Bonn. Einer gewaltigen Herausforderung stellte sich das Akademische Orchester im jüngsten Konzert mit der Aufführung von Gustav Mahlers erster Sinfonie, die ihren ungewöhnlichen Namen, "Der Titan", einem Roman von Jean Paul verdankt.

In der bis auf den letzten Platz besetzten Aula der Bonner Universität konnte man sich davon überzeugen, dass sich die Anstrengungen gelohnt hatten. Überaus eindringlich und mit hohem spielerischem Niveau wurde das vielschichtige Werk realisiert. Das Orchester entwickelte den notwendigen Farbenreichtum, um die berüchtigten Mahlerschen "Tonfälle" zur Geltung zu bringen, beginnend mit dem von einer irritierenden Leere durchwehten Beginn des ersten Satzes bis zu zur orchestralen Wucht im Finale.

Die Fäden dieser konsequenten Interpretation hielt der Dirigent Bernhard Steiner mit motivierender und formbewusster Zeichensetzung zusammen. Er entdeckte im Orchester ein erstaunliches Potenzial und nutzte es zur Darstellung der Mahlerschen Welt, in der sich niedere und hohe Musik seltsam verschränken und gegenseitig kommentieren.

Süffig klangen die Walzerklänge, verstörend die verzerrte Signalmotivik, derb der Ländler im zweiten Satz, hinter dessen Gemütlichkeit zugleich Abgründiges hörbar wurde, Todesnähe umflorte den fahlen "Bruder-Jakob"-Kanon im dritten, glanzvoll erstand die bläserbewehrte, eigentümlich pathetisch aufgeladene Quart-Motivik im Finale.

Einen ebenso glänzenden Auftritt absolvierte zuvor die Pianistin Beatrix Klein in Mozarts Klavierkonzert KV 415, dem letzten Werk, bevor die Reihe der "großen Klavierkonzerte" beginnt. Die junge in Bonn geborene und heute in Köln lebende Künstlerin ist noch von ihrer Teilnahme an der Beethoven-Competition gut in Erinnerung. Und sie wusste auch in diesem Stück mit klar strukturiertem Spiel zu fesseln.

Ihre Interpretation wirkte schlüssig und durchdacht, die Musik entfaltete eine wunderbare Beredsamkeit, unterstützt vom differenziert agierenden Orchester. Zwingend geriet auch das finale Rondo mit seinen unvermittelt einsetzenden Affektwechseln in Gestalt zweier Adagio-Abschnitte, was Beatrix Klein sehr eindringlich und ohne Effekthascherei herausstellte.

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