Kult-DJ im Arp Museum Raum-Klang-Erlebnis mit Hans Nieswandt

ROLANDSECK · Kult-DJ Hans Nieswandt und sein konzeptueller Mix "The Promised Land" waren im Arp Museum der künstlerische Beitrag zur Nazarener-Ausstellung.

 Ein vielseitiger und international renommierter Künstler, mit einem kritisch-distanzierten Verhältnis zu Religionen: Hans Nieswandt. Umso reizvoller war für ihn das DJ-Set im Arp-Museum.

Ein vielseitiger und international renommierter Künstler, mit einem kritisch-distanzierten Verhältnis zu Religionen: Hans Nieswandt. Umso reizvoller war für ihn das DJ-Set im Arp-Museum.

Foto: dpa

Hypnotische Sounds sirren und flirren aus den Lautsprechern, und die Bassline knetet sanft, aber bestimmt den Brustkorb durch. Und an der großen Wand gegenüber leisten einem die Aposteln Phillipus und Jakobus Gesellschaft. Zwinkert Jakobus nicht gerade mit einem Auge? Auf dem Boden davor ein riesiges Bild, durch das der Holzboden durchscheint. Aber nein, es ist gar kein Bild, vielmehr ein gewaltiger Orientteppich mit prachtvoll ziselierten Ornamenten.

Obwohl. . . je länger wir es betrachten, desto mehr erkennen wir eine überdimensionierte Tanzfläche, mit unzähligen Tänzern, die sich in Trance versetzen und ekstatisch zu einer wogenden Masse vereinen. Das Stendhal Syndrom ist mit Händen greifbar. Ein guter Zeitpunkt, um am heißesten Tag des Jahres an der Bar ein gut gekühltes, stilles Mineralwasser aus der Eifel zu bestellen.

Als Hans Nieswandt Anfang des Jahres gefragt wurde, ob er zur Nazarener-Ausstellung im Arp Museum Rolandseck einen künstlerischen Beitrag leisten wolle, musste er nicht lange überlegen. "Als DJ habe ich da inhaltlich und formal etwas anzubieten", sagt der international renommierte Soundtüftler am Sonntagnachmittag im Arp Museum. "Das Ganze wird streng improvisiert stattfinden", fügt Nieswandt dezent ironisch hinzu und startet mit geschmeidig entspannten Harmonien: "Our Prayer" von den Beach Boys eröffnet Nieswandts mit Spannung erwartetes konzeptuelles DJ-Set.

Das trägt den Titel "The Promised Land" und verweist auf einen Klassiker der House Music von Joe Smooth, den Nieswandt auch in seinen Mix integriert. Der Kölner Kult-DJ, Remixer, Dance-Produzent, Schriftsteller und Goethe-Institut-Botschafter hat für das Begleitprogramm zur Ausstellung "Die Eroberung der Wand - Nazarenerfresken im Blick der Gegenwart" (bis 9. September) tief in seiner Plattensammlung gewühlt.

Und so findet manch skurrile Vinylscheibe den Weg auf die Plattenteller Nieswandts, die am Fuße der quietschbunten, psychedelischen, unbetitelten Acryl-Phantasmagorie von Hadassah Emmerich aufgebaut sind. Etwa Fake-Gregorianik, in der die Chöre die Namen italienischer Modehäuser singen. Gospel, klar. Und Disco- und House-Tracks mit religiösem Bezug. In der Ausstellung sind überall Lautsprecher postiert, die Nieswandts Live-Mix zwischen die Exponate transportieren. So stellen wir uns ein Klang-Raum-Erlebnis idealerweise vor.

Nieswandt verarbeitet auch eine ordentliche Portion Vocal House, was selbstredend sofort goutiert wird: Einige Gäste erheben sich aus den Designersofas, stellen ihr Roséglas beiseite und tanzen. Während ihnen vom DJ-Pult ein Jesus-ähnliches Cover der LP "Fascino di altri tempi" von José Manuel entgegenstrahlt. Eine Etage höher tanzen derweil die ameisenhaften Legionen in Heike Webers Silikon-Werk "Kilim". Sie erinnern sich: der Perserteppich, der keiner ist. Und Philippus und Jakobus, die auf Glasseide übertragenen Fresken vom Domkapitel Speyer, haben ein Auge darauf. Ganz bestimmt haben sie das.

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