Perfektes Spiel und engelsgleiche Stimmen aus Bonn und Köln

Die Kanadierin Dale Kavanagh spielte das 108. Konzert der Bonner Meisterkonzerte im Bonner Kunstmuseum, der Chur Cölnische Chor begeisterte das Publikum in der Bonner Stiftskirche und die Wiener Symphoniker warteten in Köln mit attraktiverJung-Pianistin auf.

Perfektes Spiel und engelsgleiche Stimmen aus Bonn und Köln
Foto: Horst Müller

Kunstmuseum. Das 108. Konzert der Bonner Meisterkonzerte spielte die Kanadierin Dale Kavanagh, die - nicht zuletzt als Mitglied des Amadeus Guitar Duos - eine feste Größe in der Gitarrenszene ist.

Ihr Konzert im Bonner Kunstmuseum begann sie mit einer kurzen Courante von Michael Praetorius. Ein bezauberndes Stückchen Musik, das sie eigener Aussage zufolge deshalb so gerne spielt, weil es einfach gute Laune macht. Reizvoll war auch das nachfolgende Programm: mit den zehn Etuden von Leo Brouwer spielte Kavanagh einen Zyklus, der so selten zu hören ist. In der Regel zur technischen Perfektionierung eingesetzt, handelt es sich um faszinierende Miniaturen, die von Kavanagh ins rechte Licht gerückt wurden.

Zu bewundern war nicht nur ihr klanglicher Feinsinn, auch ihre technische Perfektion war mehr als nur beeindruckend. Mit ihren "Tales of Greiffenberg" spielte Kavanagh auch ein eigenes Werk, das durch eine stimmungsvolle Atmosphäre bestach. In drei Sätzen schilderte sie darin die idyllische Atmosphäre rund um das brandenburgische Greiffenberg, die sie farbenreich ausleuchtete.

Klassiker des Gitarrenrepertoires spielte Kavanagh auch: mit "Invocation et Danse" von Joaquin Rodrigo und einem Satz aus dem Gitarrenkonzert von Heitor Villa-Lobos zeigte sie in bezwingender Weise, wie technisch brillant und musikalisch einfühlsam sie das Spiel auf den Gitarrensaiten beherrscht. Guido Krawinkel

Stiftskirche. Neue Männer braucht das Land. Vor allem welche, die singen können und wollen. Davon würde auch der Chur Cölnische Chor profitieren, der bei seinem Frühjahrskonzert in der Bonner Stiftskirche mit der Minimalbesetzung an Männerstimmen auftrat. Aber auch ohne optimale Durchschlagskraft überzeugten der Chor und die Klassische Philharmonie Bonn unter der Leitung von Heribert Beissel mit einer andächtigen und höchst musikalischen Interpretation der Vesperae solennes de Confessore von Wolfgang Amadeus Mozart.

Zuvor hatten Dirk Schiefen und Heiko Wahl die neugotischen Gewölbe mit dem barocken Glanz von Vivaldis C-Dur-Konzert für zwei Trompeten und Streichorchester erfüllt: strahlendes Licht vor dem verschatteten Hintergrund des weichen Streicherklangs, den Beissel mit motivisch atmenden Bögen strukturierte.

Dass die Frauenstimmen des Chur Cölnischen Chores gut besetzt und perfekt ausbalanciert sind, zeigten die Mendelssohn-Motetten nach der Pause: Klare Soprane und ein warmes Alt-Fundament gestalteten das "Veni Domini" und "Laudate pueri" für Frauenchor, aber auch das in gemischter Besetzung gesungene "Ave Maria" (op. 3) und den 91. Psalm ("Denn er hat seinen Engeln befohlen über Dir") mit großem Ausdruck, dynamischer Feinarbeit und einer selbst im Pianissimo sauberen Intonation - nicht nur Knabenchöre können engelsgleich klingen.

Zum Abschluss zeigte Beissel, dass die über weite Strecken liedhaft homophon gesetzte G-Dur-Messe des erst 18-jährigen Franz Schubert alles andere als langweilig ist. Das Sängerensemble arbeitete jeden kleinsten Affekt heraus und ließ es bei den "Osanna"-Fugati von Sanctus und Benedictus an Schwung ebenso wenig fehlen wie an Transparenz. Unter den Solisten trat Cordula Berner hervor: Mit ihrem weichen, nicht immer ganz intonationsreinen Sopran brachte sie Mozarts "Laudate Dominum" und Schuberts Agnus Dei zum Leuchten. Gunild Lohmann

Philharmonie. Vermutlich war das Liszt-Jahr 2011 Anlass, mit Adam Fischer einen ungarischen Dirigenten ans Pult der Wiener Symphoniker zu bitten und dem Jubilar beim Konzert in der Kölner Philharmonie mit gleich zwei Werken die Ehre zu geben. Gleichzeitig gab diese Wahl Gelegenheit, mit Alice Sara Ott eine attraktive Jung-Pianistin herauszustellen, die mit dem ersten Liszt-Konzert auch ihre Orchester-Debüt-CD bestückt hat.

Hätte es als Zugabe nicht die kristallin funkelnde "Campanella"-Etüde gegeben, wäre man geneigt, die 22-Jährige mit solchen Schlachtrössern zu identifizieren. Der Kontrast einer extrem grazilen Erscheinung und einem maskulinen Donneranschlag setzt in Erstaunen. Gleichwohl: Alice Sara Ott ging das Liszt-Konzert wie auch den "Totentanz" mit ausladenden Akkordhymnen, dynamischer Hyperexpressivität, rauschenden Tastenglissandi und metallisch gefrästen Trillerketten an.

Dazwischen freilich immer wieder auch fingerperlendes Zierwerk gleich rieselndem Kandiszucker. Dieser Spielvirtuosität passte sich das Orchester ungeachtet leichter Stolperstellen mehr und mehr an. Maestro Fischer trumpfte bei aller Verve nicht wirklich dramatisch auf. Die solide Wiedergabe des Orchesters vermittelte eher Eindrücke von Beflissenheit, und von den diversen Soli waren nur die des Horns erwähnenswert. Christoph Zimmermann

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