Beethovenhalle Glanz und Gloria beim Freitagskonzert

BONN · Der Dirigent Andrew Litton und der Pianist William Wolfram haben dem Publikum einen britischen Abend beim Freitagkonzert geboten.

Eigentlich hätte man jedem im Publikum einen Union Jack in die Hand drücken müssen. Denn britischer geht's nimmer: Mit Werken von Walton, Britten und Elgar entfaltete das Beethoven Orchester in seinem Freitagkonzert die ganze musikalische Pracht des Vereinigten Königreichs.

Und Fans der Royals konnten sich wie zu Hause fühlen: William Waltons "Crown Imperial", der Krönungsmarsch zur Inthronisation von George VI., bietet Glanz und Glorie - das Königshaus bediente sich dieser Musik auch bei den Hochzeiten von Charles und Diana und William und Kate. Dirigent Andrew Litton, ein rechter Klangstratege, packte in Bonn kräftig zu.

Litton war prädestiniert für diesen englischen Abend, auch wenn er Amerikaner ist. Man kann ihn zu den Halb-Engländern zählen, denn sein erstes wichtiges Engagement hatte er beim Bournemouth Symphony Orchestra, dessen Ehrendirigent er heute noch ist. Er kann ein Orchester unter Hochspannung setzen, mit Edward Elgars "Enigma Variations", dem vielleicht inspiriertesten musikalischen Werk des viktorianischen Englands, gab es dafür ein wunderbares Beispiel. Das Beethoven Orchester klang dabei ungemein nobel und elegant.

Elgars Variationen gerieten unter Litton zu einer fesselnden Folge von reizvollen Charakterstücken. Die berühmte Nimrod-Variation besaß souveräne Ruhe und hypnotisierende Schönheit. So grandios dieses Finale in der Beethovenhalle auch war: Die Sensation ereignete sich in der Mitte des Programms. Benjamin Brittens Klavierkonzert D-Dur führt im Repertoire ein Schattendasein, was hierzulande wohl auf Vorbehalte gegenüber Brittens vermeintlich eklektischen Tonalitäts-Bekenntnissen zurückzuführen wäre, was generell aber an der immensen Schwierigkeit des Klavierparts liegen könnte.

Der amerikanische Pianist William Wolfram ließ die Partitur glitzern und glänzen, dass es eine wahre Lust war. Die Kadenz des ersten Satzes etwa würde man gern als unspielbar bezeichnen, Wolfram machte daraus ein Virtuosenstück der Mühelosigkeit. Ravel, Prokofjew, Schostakowitsch - sie alle klingen an bei Britten.

Wolfram und Dirigent Litton verschweigen das keineswegs, sondern stellen aus, was die Partitur bietet: eine brillante Toccata, einen geradezu spukhaften Walzer und einen schier brutalen Marsch zum Ende. Und auch wenn das Klavier mitunter fast zum Schlagwerk wird: Wolfram verblüfft durch seine sensible Anschlagskultur, mit kristallinen Klängen. Das Publikum war rundum begeistert. Man möchte auf eine Wieder-Einladung von Pianist und Dirigent hoffen.

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