"Bonner Künstler müssen Vorrang haben"

Die Freunde der Kammerspiele über die Auslastung des Theaters, Sparzwänge und die Jugendoffensive

 Drei Mitglieder sprechen für den Verein "Freunde der Kammerspiele": Ludger Buerstedde, Angela Biller und Kurt P. Tudyka.

Drei Mitglieder sprechen für den Verein "Freunde der Kammerspiele": Ludger Buerstedde, Angela Biller und Kurt P. Tudyka.

Foto: Bernd Linnarz

Bonn. Am kommenden Sonntag wird von den "Freunden der Kammerspiele" der "Bonner Theaterpreis Thespis" verliehen." Der Verein um den Vorsitzenden Kurt P. Tudyka setzt sich für den Erhalt der Kammerspiele Bad Godesberg "als Hauptspielstätte des städtischen Sprechtheaters" ein.

Mathias Nofze sprach mit Tudyka sowie den Vorstandsmitgliedern Ludger Buerstedde (Schatzmeister) und Angela Biller (Öffentlichkeitsarbeit) über künftige Projekte und Ziele.

General-Anzeiger: Der Sage nach soll der antike Dramatiker Thespis mit seinem Wandertheater auf einem Karren umhergezogen sein. Warum setzten sich die Freunde der Kammerspiele für eine feste Bleibe des Theaters ein?

Kurt P. Tudyka: Damals kam eben das Theater noch zu den Menschen. Heute kommen die Menschen ins Theater. Gerade die Kammerspiele in Bad Godesberg erfreuen sich eines permanenten Zuspruchs, in der Saison 2008/09 kamen knapp 52 000 Besucher in die Vorstellungen, was einer Auslastung von rund 78 Prozent entspricht. Das zeigt: die Spielstätte wird angenommen und muss erhalten bleiben.

GA: Im Jahr 2006 wurde in Politik und Verwaltung über die Schließung der Bad Godesberger Kammerspiele diskutiert. Damals konnte das Aus für die Spielstätte verhindert werden. Glauben Sie, dass das Thema endgültig vom Tisch ist?

Tudyka: Ich hoffe es. Bis 2013 jedenfalls ist der Spielbetrieb von der Ratsmehrheit bekräftigt worden. Dass danach eine erneute Spardiskussion aufflammt, kann man nicht ausschließen.

Um es klar zu sagen: Auch wir verschließen nicht die Augen davor, dass Kürzungen im Kulturhaushalt kaum zu vermeiden sind. Doch müssen dabei die richtigen Prioritäten gesetzt werden.

Die Existenzerhaltung und Stärkung von in Bonn tätigen Künstlern muss Vorrang besitzen gegenüber kostspieligen Gastspielen oder extravaganten Veranstaltungen. Und: Vorhandene Spielstätten müssen erhalten und angemessen gepflegt werden statt aufwendige Neu- oder Umbauten vorzunehmen.

Ludger Buerstedde: Vergessen darf man auch nicht die Rolle der Kammerspiele für die Wirtschaft in Bad Godesberg. Kürzlich hat das Beethovenfest beeindruckende Zahlen über die ökonomischen Folgewirkungen des Festivals vorgelegt. Ähnliches ließe sich auch über die Bedeutung der Spielstätte am Theaterplatz für die Gastronomie in Bad Godesberg sagen.

GA: Warum dann Ihre Forderung nach einem zeitgemäßen Bistro in den Kammerspielen?

Tudyka: So etwas gehört zu einem modernen Theaterbau einfach dazu. Ein pfiffiges Bistro ist geselliger Treffpunkt von Theaterbegeisterten und könnte auch mehr Jugendliche ins Haus ziehen. Vorbild ist für mich unsere Namensvetterin, die Münchener Kammerspiele. Die haben ein fantastisches Bistro.

GA: Stichwort "Jugend". Sie haben sich einiges vorgenommen.

Buerstedde: Zwanzig Aufführungen von "Zwei Welten" mit rund 6 500 Besuchern haben gezeigt, dass das Theater in der Lage ist, Themen aufzugreifen, die die Jugend bewegen. Auf diesem Wege wollen wir weitergehen.

Angela Biller: Zum Beispiel, in dem wir Partnerschaften zwischen Jugendlichen und Senioren stiften. Das heißt, ein junger und ein älterer Mensch bekommen von uns Karten, besuchen die Aufführung und kommen dabei, so hoffen wir, miteinander ins Gespräch.

Außerdem werden wir 150 Karten an Jugendliche vergeben, die sich sonst einen Theaterbesuch nicht leisten könnten. Und auch das Schultheaterfestival "Spotlight", das am 2. Juli in den Kammerspielen startet, werden wir unterstützen.

GA: Zurück zum "Bonner Theaterpreis Thespis". Wer ihn bekommt, werden Sie mir jetzt nicht verraten, aber wer ist nominiert?

Tudyka: Durch eine Publikumsbefragung wurden drei Schauspieler nominiert. Es sind Günter Alt, Tatjana Pasztor und Hendrick Richter. Wer den Preis erhält, entscheiden unsere Mitglieder.

GA: Wie haben Sie es geschafft, Ex-Minister Blüm als Festredner zu gewinnen? Vielleicht, weil in jedem Politiker ein Schauspieler steckt?

Tudyka: Möglich. Auf jeden Fall ist Herr Blüm ein regelmäßiger Besucher unseres Hauses und den Zielen unseres Vereins aufgeschlossen.

Zu den PersonenKurt P. Tudyka, geboren in Oberschlesien, war bis 1992 Professor für Politische Wissenschaften an der Universität von Nimwegen und ist seit 1993 Gastprofessor an der Universität Osnabrück und an verschiedenen anderen Universitäten. Seit elf Jahren wohnt er in Bad Godesberg. 2006 initiierte er den "Initiativkreis pro Kammerspiele", der sich Anfang 2007 in die "Freunde der Kammerspiele e.V." umwandelte.

Ludger Buerstedde verbrachte sein Berufsleben als Diplomat im Auswärtigen Amt, zuletzt als Botschafter in der Slowakei. Für die CDU ist er als sachkundiger Bürger Mitglied im Kulturausschuss. Zudem ist Buerstedde Generalsekretär des Internationalen Clubs "La Redoute".

Angela Biller stammt aus einer Hoteliersfamilie. Die Immobilienkauffrau führt zusammen mit ihrem Mann ein Immobilienunternehmen in Bad Godesberg.

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