Arp-Museum Rolandseck zeigt Meisterwerke der Sammlung Rau

Im Rausch der Bilder: Von Renoir, Monet und Reynolds bis Gainsborough

Arp-Museum Rolandseck zeigt Meisterwerke der Sammlung Rau
Foto: Sammlung Rau

Bonn. Da sitzt er, der unbekannte Antwerpener Kunstliebhaber mit seiner prächtig aufgeputzen Frau in der kostbar ausgestatteten Guten Stube, lässt sich von einem jungen Mann, der vielleicht Kunsthändler ist, Bilder vorführen: Ein Stillleben, ein Seestück, ein Porträt, eine ländliche Szene.

Zwischen 1661 und 1672 malte Jan Siberechts das Gemälde des Kunstliebhabers. Etwas mehr als 300 Jahre später nimmt Peter Schälchli im Zollfreilager unweit des Zürcher Flughafens ein Foto des Sammlers Gustav Rau auf, dem gerade ein Mann eine Landschaft von Gustave Courbet präsentiert. An der Wand lehnt Constant Le Bretons Rau-Porträt von 1973 mit besagtem Courbet im Hintergrund.

Siberechts' Gemälde des Kunstliebhabers und das Foto des Kunstsammlers, die so verblüffend eng verwandt erscheinen, bilden die Klammer zu einer außergewöhnlichen Ausstellung im Arp-Museum Bahnhof Rolandseck: "Das Auge des Sammlers" versucht anhand von Hauptwerken und Raus Lieblingsbildern, das Profil dieser Sammlung zu zeichnen, die der Arzt und Philanthrop Rau dem Kinderhilfswerk Unicef vererbt hat.

Seit einem Jahr stehen 250 Bilder daraus dem Arp-Museum als Leihgabe zur Verfügung. Eine erste Ausstellung präsentierte Meisterwerke der italienischen Kunst. Nun hat der Kurator und ehemalige Arp-Chef Klaus Gallwitz mit 48 Werken einen kurzweiligen, sehr pointiert auf Spannungsmomente hin inszenierten Parcours zusammengestellt, der viel über das - hervorragend gute - Auge des Sammlers aussagt und einen schönen Spaziergang durch die Kunstgeschichte darstellt, von religiösen Tafelbildern des frühen 16. Jahrhunderts bis zum Porträt eines Malers von Félix Vallotton, exakt im Jahr 1900 entstanden.

Gallwitz verweigert die strikte Chronologie und setzt auf starke Kontraste, führt etwa Max Liebermanns prä-impressionistischen, lichtdurchfluteten "Hof des Waisenhauses in Amsterdam" (1876) mit Claude Monets atmosphärischer, vier Jahre zuvor entstandener "Holzbrücke von Argenteuil" zusammen: zwei Meisterwerke und ein deutsch-französisches Gipfeltreffen auf Augenhöhe.

Ein zauberhaftes Ereignis ist auch die Paarung von Renoirs "Frau mit Rose" (1875/76) und der etwas früheren "Rose in einer Vase" von Odilon Redon. Hervorragend vertreten ist das 17. Jahrhundert der Niederlande, mit einer ganzen Reihe exquisiter Stillleben, etwa von Frans Snyders und Willem van Aelst, mit Landschaften des Jan Josephsz. van Goyen und Salomon van Ruysdael, einem Seestück von Willem van de Velde und Porträts wie das der alten Köchin von Gerrit Dou, das erste Bild überhaupt, das Rau erwarb (1958).

Ohne rechte Anbindung, aber sehr eindrucksvoll: der "Heilige Dominikus" von El Greco. Wer will, kann sich auch thematisch durch die Schau bewegen. Da bieten sich die Porträts an. Die spätgotische Veronika Colyn de Coters, die gleichermaßen püppchenhafte wie erotische Judith von Lucas Cranach d.Ä., Gerard Ter Borchs feister Patrizier faszinieren ebenso, wie der Blick der achtjährigen Rebecca Watson von Joshua Reynolds und erst recht Mary Cassatts intimes, koloristisch-kostbares Pastell einer stillenden Mutter zutiefst anrühren.

In Jean-Baptiste Creuzes Porträt einer jungen Frau steckt der ganze pudrig-galante Liebreiz, zu dem die französische Rokokomalerei imstande war. In Thomas Gainsboroughs Gemälde der eigenen Gattin - eine gute Partie, wie man sagt - spiegelt sich hingegen bei aller würdigen Erscheinung die Tristesse von 30 Ehe-Jahren. Mrs. Gainsborough wendet sich in Gallwitz' Präsentation übrigens anscheinend angewidert von einem Bild Courbets ab: Hingegossen schläft da eine vollkommen nackte Bacchantin ihren Rausch aus. Und hiermit endet auch der Rausch der Bilder.

Arp-Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; bis 29. August. Di-So 11-18 Uhr, Katalog (Dumont) 29,95 Euro.

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