20 Jahre Pause und Alich: Jubiläumsfeier im Pantheon

Der Titel hätte für ihr Debüt vor 20 Jahren, kurz nach dem Fall der Mauer, besser nicht gewählt werden können: "Grenzenlos e.V." hieß das erste abendfüllende Programm mit Rainer Pause und Norbert Alich in den Rollen der eigentlich wenig sympathischen, Frack tragenden Vereinsmeier Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen.

20 Jahre Pause und Alich: Jubiläumsfeier im Pantheon
Foto: Pantheon

Bonn. Der Titel hätte für ihr Debüt vor 20 Jahren, kurz nach dem Fall der Mauer, besser nicht gewählt werden können: "Grenzenlos e.V." hieß das erste abendfüllende Programm mit Rainer Pause und Norbert Alich in den Rollen der eigentlich wenig sympathischen, Frack tragenden Vereinsmeier Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen.

Alterspräsident mit zweifelhafter Vergangenheit der eine, Vorsitzender der andere. Ein Team waren die beiden freilich schon vorher. Seit 1983 nämlich, als 15 Bonner Kabarettisten und Musiker als freier kritischer Karnevalsverein (1. FKK) in Bonn den alternativen Karneval etablierten.

Bis heute hat das dem Kölsch heftig zuneigende Duo bei den "Pink Punk Pantheon"-Sitzungen den Vorsitz unbestritten inne. 1988 fassten Pause, Alich und ihre Mitstreiter vor dem Hintergrund der damals anstehenden Feierlichkeiten zum 2 000. Geburtstag Bonns einen wagemutigen Entschluss: "Da wollten wir mit unserem Karnevalsensemble etwas Besonderes machen", erinnert sich Rainer Pause: "Wir fangen Silvester '88 an und spielen dann durch bis zum 11.11.1989", entschied man.

Nur wenige Meter vor dem Zieleinlauf des kuriosen Marathons fiel dann die Mauer. Gespielt wurde trotzdem. Im Publikum saßen damals viele Bundestagsabgeordnete. Als die Bonner Alternativ-Jecken dann als Zugabe einen Mitschnitt der musikalisch eher eigenwilligen Interpretation der National-Hymne einspielten, die Willy Brandt und Helmut Kohl am 10. November 1989 zum Besten gaben, herrschte Konfusion im Saal.

Manche Zuschauer und Abgeordnete fühlten sich genötigt aufzustehen, dann setzten sie sich wieder, während andere wieder aufstanden. Es wurde gejubelt, und es wurde gepfiffen. Da stand für die ausdauerstarken Karnevalisten fest: "Wir gründen eine rheinische Republik!" Mit der Nibelungensage als willkommenem Gründungsmythos. "Aus Hagen haben wir einfach einen Preußen gemacht, Siegfried war natürlich Rheinländer", erzählt Pause.

Als Ort der Inspiration für eine kabarettistische Auswertung der historischen Situation haben Pause und Alich damals Kaub ausgewählt: "Da, wo Blücher über den Rhein gegangen ist", wirft Norbert Alich ins Gespräch ein. Es war bitterkalt, das Feuer im Kamin brannte, und der Fernseher mit neuesten Nachrichten aus der zerfallenden DDR lief permanent.

Anfang April riefen sie dann zusammen mit Konrad Beikircher, Jürgen Becker, Hanns Dieter Hüsch, Thomas Freitag und einigen anderen die "1. Freie Rheinische Republik" aus und zogen in einer "spontanen theatralischen Demo mit 300 Zuschauern durchs Regierungsviertel". Womit man die damals noch existierende Bannmeile verletzte.

Im Verlauf des Monats begannen Pause und Alich mit den Proben. Die Vorpremiere erfolgte bald unter dem Titel "Ein schöner Verein" in Köln, am 18. Mai dann unter dem endgültigen Titel "Grenzenlos e.V." im Bonner Pantheon. Der Erfolg blieb nicht aus. In Bonn nicht und auch im Rest der Republik nicht. "Mit dem Programm sind wir dann durch die DDR gefahren", erzählt Alich. Interessant waren die Reaktionen.

Das sei ja sehr schön, was sie gespielt hätten, habe man ihnen gesagt. Aber Schwaderlappen und Litzmann, das seien Spießer. So etwas habe es ja in der DDR nicht gegeben. "Die hatten oft Probleme, weil unsere moralische Haltung nicht ganz klar war", sagt Pause. Alich ergänzt: "Uns war es wichtig, die rheinische Position einzunehmen: Katholisch sein, und eine gesunde Doppelmoral haben."

Das Konzept ging auf. Auch in späteren Programmen wie "Piranjas" (1991), "Apokalypse" (1994), "Die Tut-uns-leid-Tour" (1999), "Kopf hinhalten" (2003) oder aktuell in "Durchstarten". Die beiden Herren der Jahrgänge 1947 (Pause) und 1955 (Alich) sind nach 20 Jahren Ehe fest etabliert. Sie haben Preise gewonnen und längst ihre eigene Fernsehsendung "Fritz & Hermann" im WDR.

Sogar auf der Bühne des Bonner Schauspiels haben sie mehrfach gastiert. Natürlich spielt der Karneval im Leben der heimatverbundenen Vereinsmeier Fritz und Hermann noch immer eine Rolle. Trotz ihres kabarettistischen, oftmals bösen und schwarzhumorigen Umgangs mit ihren Lieblingsthemen sind sie längst selbst zu einem Stück Heimatgeschichte geworden.

Für ihre Jubiläumsfeier auf der Pantheonbühne haben sie sich übrigens ein anderes historisches Datum ausgesucht: Den 3. Oktober. An diesem Tag nämlich feiert das Pantheon seinen 23. Geburtstag. Und, ach ja, das wiedervereinigte Deutschland seinen 20.

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