Im Goldglanz der Ikonen

BAD GODESBERG · Die Russisch-Orthodoxe Christen der Region haben in der Krypta von St. Augustinus ihren weihnachtlichen Festgottesdienst gefeiert.

 In der Krypt.a: Priester Joachim Stahnke feiert mit den Gläubigen im Schein der Kerzen.

In der Krypt.a: Priester Joachim Stahnke feiert mit den Gläubigen im Schein der Kerzen.

Foto: Barbara Frommann

An diesem regnerischen Samstagmorgen ist für rund 90 Christen in der Krypta von St. Augustinus endlich Weihnachten. Wenn Katholiken und Protestanten oder auch die Griechisch-Orthodoxen die Geburt Jesu Christi schon im Dezember gefeiert haben, stehen jetzt die russisch-orthodoxen Priester Joachim Stahnke und Eugen Theodow in ihren weißen liturgischen Gewändern vor der Ikonostase, also der Bilderwand zum Altarraum. In der Nacht zuvor haben sie für die Gemeinde der Region den Heiligen Abend zelebriert.

Die meisten Teilnehmer haben zuvor 40 Tage gefastet, um nach einer körperlichen und geistigen Reinigung Gottes Sohn mit reinem Herzen empfangen zu können. "Wir feiern Weihnachten nach dem älteren Julianischen, nicht nach dem Gregorianischen Kalender, deshalb also wie auch die Serbisch- und Bulgarisch-Orthodoxen später als andere Kirchen", hat Priester Joachim vor der Liturgie den Unterschied erklärt. Jetzt stimmt er mit sonorem Bass die liturgischen Gesänge an, die im alten Kirchenslawisch gehalten sind. Helle Frauenstimmen antworten ihm immer wieder dialogisch.

Helfer Eliah Gurewitsch eilt durch die Reihen stehender Gläubiger nach vorne, um den Chorfrauen in dieser fast dreistündigen Liturgie zwischendurch Tassen heißen Wassers zu reichen. Der Zwölfjährige aus Sankt Augustin ist in der Ukraine geboren und packt hier gerne mit an. "Weihnachten ist mit unser größtes Fest. Und nach der Kirche wird in der Familie gefeiert", strahlt Eliah. Da werde es auch Geschenke geben.

Weitere Kerzen werden vor den golden glänzenden Ikonen entzündet, während immer mehr Gläubige die Treppen in die Krypta hinuntersteigen. Auch unter beengten Umständen gestalten die Priester an diesem düsteren Morgen eine prunkvolle Liturgie. Hier werden alle Sinne angesprochen. Die Frauen mit den Kopftüchern bekreuzigen sich immer wieder. Einige streben zwischendurch zu Priester Eugen.

Auch im Gottesdienst nimmt der Geistliche ihnen die Beichte ab. "Wenn man in der Woche etwas falsch gemacht hat, kann man es hier loswerden", flüstert Gottesdiensthelfer Eliah rüber. Derweil geht sein "Chef" Peter Reimchen mit dem Kollektenkorb durch die Reihen. Es sei die besondere emotionale Wärme, die die orthodoxe liturgische Feier ausstrahle, hat Priester Joachim, der in Deutschland geboren ist, zuvor erzählt. Im Verlauf des Gottesdienstes tritt er immer wieder mit der großen goldenen Bibel aus dem Altarraum zur Gemeinde.

Auch Dimitrij Penin ist mit seiner Familie aus Ahrweiler gekommen. Dem in Russland geborenen Jungen steigen die Tränen hoch. Er hat vor kurzem seinen geliebten Großvater verloren. Jetzt sucht Dimitrij hier Trost. Neben ihm betet Irina Kutsevol, die aus der Ukraine stammt. Mit strahlenden Augen betrachtet Söhnchen Nicolaj die flackernden Kerzen.

Zu Hause hat Kutsevol das Weihnachtsmahl für die Familie vorbereitet: mit Wurst, Fisch, Eiern, Milchprodukten, allem, auf das sie in den letzten Wochen möglichst verzichtet hat. "Das mit dem Fasten ist bei uns viel strenger als bei meinen katholischen Freunden", erzählt Eliah noch. Umso größer sei jetzt seine Erwartung nach 40 Tagen Entbehrung. "Das wird toll, wenn bei uns wieder Fleisch auf dem Tisch steht."

Die Gemeinde: Die dem Patriarchat Moskau zugeordneten Russisch-Orthodoxen Bonns haben sich als Gäste der katholischen Gemeinde St. Marien und St. Servatius seit 1976 in der Krypta von St. Augustinus eingerichtet. Ab 1967 war man in der Rigal`schen Kapelle und danach in der Kapelle des Clara-Fey-Gymnasiums. Gut 100 Menschen auch aus dem Vorgebirge, dem Bergischen Land oder Solingen zählt die Gemeinde zu Maria Schütz. Laut Priester Joachim stammen sie meist aus russisch-deutschen Ehen.

Gerade der Jugendanteil wachse erfreulich an. Priester Eugen ist im gesamten Einzugsgebiet unterwegs: zu Krankensalbungen, zu aufklärenden Gesprächen, zu Haussegnungen. Kontaktmöglichkeit unter der Rufnummer 02235/9760142 oder auf der Homepage www.rok-bonn.de.

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