WCCB-Prozess "Zwiebler arbeitete 25 Stunden am Tag"

BONN · Martin Krämer, der Ex-Chef des städtischen Liegenschaftsamtes, selbst hat die WCCB-Projektleitung abgelehnt. Seine Warnungen waren unerwünscht.

Es gab sie bei der Stadt, die Mahner und Warner, aber bei den Verantwortlichen für das Großprojekt World Conference Center Bonn stießen sie auf keine Gegenliebe. Martin Krämer, damaliger Chef des städtischen Liegenschaftsamtes, war allem Anschein nach so einer, der nah dran war, aber eben doch nicht nah genug, um das Schlimmste zu verhindern. Am Dienstag war er als Zeuge im WCCB-Prozess gefragt.

Im Beistand eines von der Stadt für alle städtischen Zeugen engagierten Anwalts schilderte der 59-Jährige, selbst Jurist, wie er in das Projekt eingebunden war. Er sei 2002, so erklärte er, als erster von dem damaligen Co-Dezernenten Guido Kahlen (SPD) gefragt worden, ob er die Projektleitung übernehmen könne. Er habe abgelehnt: "Das habe ich mir nicht zugetraut."

Seiner Meinung nach seien auch die späteren WCCB-Projektbeauftragten Arno Hübner und vor allem Evi Zwiebler mit dieser Aufgabe überfordert gewesen: "Frau Zwiebler hat 25 Stunden am Tag gearbeitet. Sie hatte ja ein Amt zu führen und die komplette Verantwortung für die WCCB-Geschäftsstelle." Seine eigene Einbindung in das WCCB-Projekt, so Krämer, sei nach der Vertragsunterzeichnung erst einmal beendet gewesen. Und bis dahin sei er auch nur mit ganz spezifischen Fragen befasst gewesen. Mit der Finanzierung habe er gar nichts zu tun gehabt.

Trotzdem war er als Amtsleiter bei vielen Besprechungen dabei gewesen, und viele Emails, die in Sachen WCCB in der Verwaltung hin und her geschickt wurden, gingen nach Aktenlage in Kopie auch an ihn. Aus ihnen geht auch hervor, dass Krämer sich mit seiner Darstellung eines "Worst-Case-Szenarios" bei Hübner nicht beliebt gemacht hatte.

Es war zu der Zeit, als die Stadt Man-Ki Kim den Zuschlag als Investor gab, dem Mann, der nun vor Gericht steht. Alles schien geregelt, die Sparkasse wollte Kims Firma SMI Hyundai Corporation einen 74-Millionen-Kredit geben, wenn der 40 Millionen Eigenkapital nachwies, und die Stadt sollte für den Kredit mit einer sogenannten Nebenabrede bürgen. Und der nun ebenfalls vor Gericht angeklagte städtische Berater Michael Thielbeer hatte eine Wirtschaftlichkeitsanalyse für das Kongresszentrum vorgelegt. Doch die war Krämer zu optimistisch.

Also erstellte er eine neue Analyse für den schlimmsten Fall mit einem Schaden für die Stadt von 93 Millionen Euro, wenn das Projekt scheitern sollte. Als Projektleiter Hübner sie sah, reagierte er erkennbar verärgert, wie seine Mails zeigen: Krämers Berechnungen seien falsch, riefen einen "Aufschrei des Entsetzens" hervor, sie verunsicherten nur die Sparkasse. An Zwiebler schrieb Hübner: "Krämer arbeitet kontraproduktiv, das können wir nicht zulassen."

In einem Punkt aber habe er nie an ein Risiko gedacht, versicherte Krämer nun: dass bereits in der Bauphase das Desaster eintreten könnte. Denn schließlich habe man ja im Vertrag diese "Reißleine eingebaut: Nur wenn das Eigenkapital des Investors nachgewiesen sei, sollte der Sparkassenkredit fließen und auch die Fördermillionen des Landes. Deshalb sei für ihn auch klar gewesen, die Bürgschaft der Stadt gelte für den Fall, dass der Betrieb des fertigen Kongresszentrum defizitär sei.

Tatsächlich aber hatten Hübner und Zwiebler laut Anklage mit der Sparkasse die städtische Haftung bereits für den Fall vereinbart, dass in der Bauphase kein Geld mehr da sei. Ob hinter SMI Hyundai tatsächlich der Weltkonzern stecke, wie von Seiten des Investors suggeriert worden sei, habe seines Wissens die Sparkasse prüfen sollen, so Krämer. Auf die hätten sich Hübner und Zwiebler verlassen.

So bereitwillig Krämer alle Fragen beantwortete, bei Fragen nach der Einbindung von Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann in das Projekt wurde er einsilbig: Das könne nur die damalige Projektleitung beantworten. Das Gericht fragte noch mal: Wenn er an Hübners Stelle gewesen wäre, wem hätte er dann regelmäßig Bericht erstattet? Krämers knappe Antwort: "Der OB."

Rainer Hamm: "Frau Dieckmann ist rehabilitiert"

Nach der offiziellen Bekanntgabe und Begründung der Bonner Staatsanwaltschaft, das Ermittlungsverfahren gegen Bonns ehemalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann wegen des Verdachts der Untreue im besonders schweren Fall beim Bau des World Conference Center Bonn (WCCB) einzustellen, hat sich Dieckmanns Frankfurter Strafverteidiger, Professor Rainer Hamm, an den General-Anzeiger gewandt.

Er halte "folgende Klarstellung für erforderlich", um "Missverstände zu vermeiden", wie er erklärt: "Die Einstellung des Verfahrens gegen Frau Dieckmann bedeutet, dass sich die Vorwürfe gegen Frau Dieckmann als nicht haltbar erwiesen haben. Schon im Laufe des Ermittlungsverfahrens wurde ein Teil der ursprünglich erhobenen Vorwürfe fallen gelassen.

Die Einstellung des Verfahrens zu den verbliebenen Vorwürfen war überfällig. Das Ermittlungsverfahren gegen Frau Dieckmann ist damit nach mehr als zwei Jahren endlich zu dem richtigen Ergebnis gekommen. Frau Dieckmann ist hierdurch rehabilitiert."

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