Aufruhr im Erzbistum nach Personalquerelen in Bonn Weihbischof Heiner Koch: "Das war ein Fehler"

Über konfliktträchtige Reformen und ihre Folgen sprachen mit Weihbischof Heiner Koch Ebba Hagenberg-Miliu, Ulrich Lüke und Frank Vallender.

Aufruhr im Erzbistum nach Personalquerelen in Bonn: Weihbischof Heiner Koch: "Das war ein Fehler"
Foto: Ronald Friese

General-Anzeiger: Alternativlos ist das Unwort des Jahres. War der Fusionsprozess im Erzbistum Köln alternativlos?

Heiner Koch: Nein, deshalb wurde dieser Prozess Mitte der 90er Jahre mit Alternativen diskutiert - von Priestern, Laien und dem Bischof. Eine große Mehrheit hat damals für den jetzigen Weg gestimmt.

GA: Ging das alles zu schnell?

Koch: 15 Jahre sind eher ein zu langer Prozess. Denn manche dachten: Wir haben noch viel Zeit.

GA: Kritiker beklagen gerade die Zentralisierung...

Koch: Zentralisierung war nie die Intention. Zentralisierung ist kein Allheilmittel. Und wo sie notwendig war, haben wir immer auch das Ziel, die kleinen Gemeinschaften zu verlebendigen. Und: Fusionierung heißt nicht: Plattmachen von Ideen, Gemeinschaften, Orten.

GA: Haben Sie den Priestermangel denn in den Griff bekommen?

Koch: Es ging bei dem Prozess nicht vorrangig darum. Sondern: Wie können wir heutzutage Menschen unseren Glauben nahebringen. Dennoch: Wir stehen mit 1 700 hauptamtlichen pastoralen Kräften vergleichsweise gut da.

GA: Wie schätzen Sie die Stimmung in den Gemeinden ein?

Koch: Viele Gemeinden sind weiter, als wir denken. Sie spüren die Freude des Aufbruchs. Und viele sind weiter als in Bad Godesberg.

GA: Wieso muss Godesberg eine Großeinheit von 28 000 Gläubigen werden? In Alt-Bonn wären das drei Gemeinden...

Koch: Die Beteiligten sind bei den Beratungen zu der Überzeugung gelangt: Godesberg ist auch pastoral eine Einheit.

GA: Wer hat das so entschieden?

Koch: Die Gremien vor Ort mit deutlicher Mehrheit. Das war übrigens 2009 ein absolut vorbildlicher Diskussionsprozess.

GA: Wie erklären Sie sich die Konflikte in Godesberg und Beuel?

Koch: Sie haben mehrere Ursachen, auch Kommunikationsfehler. Es liegt jedenfalls nicht an der Entscheidung für die Seelsorgebereiche. Die stellt kein Gremium in Frage.

GA: Wieso kann Kirche gut funktionierenden Gemeinden nicht die beliebten Priester erhalten? Etwa Pater Innocent am Ennert.

Schon im vergangenen Sommer hat er erklärt, ein Verbleib komme nicht in Frage. Folglich stand er als Nachfolger nie zur Debatte. Die Gemeinde brauchte auch mehr Zeit, um sich von einem guten Priester wie Pfarrer Padberg zu lösen. Da haben sich verständlicherweise viele emotional an Pater Innocent geklammert.

GA: Warum muss die Kirche Priester versetzen, wenn die Menschen sowohl in Beuel und in Bad Godesberg sie behalten wollen?

Koch: In Godesberg wollten die indischen Patres gehen, obwohl Kardinal Meisner sie dort behalten wollte. Sie wollten als Ordensgemeinschaft in einem kleineren Seelsorgebereich arbeiten.

GA: Ihr Wegzug nach Beuel hat auch damit zu tun, dass die Chemie zwischen ihnen und Dechant Wolfgang Picken nicht stimmte.

Koch: Entscheidend war: Die indischen Patres sahen sich mit der größeren Einheit, die viel Flexibilität und Organisation voraussetzt, überfordert. Dagegen ist Beuel ideal für sie.

GA: Wie soll der Konflikt jetzt gelöst werden?

Koch: Durch kleine Schritte des Vertrauens, das neu wachsen muss. Ich merke in vielen Gesprächen, dass die Bereitschaft, als Christen die Kirche mitzugestalten, trotz manchmal unterschiedlicher Sichtweisen lebendig ist.

GA: Suchen Sie in Zukunft bei Personalentscheidungen vorher das Gespräch mit den Gremien?

Koch: Es ist ja nicht so, als hätten wir uns nicht mit den Gremien ausgetauscht. Allerdings haben wir in Beuel nicht die vorgesehene Stellungnahme des Pfarrgemeinderats vor der Entscheidung des Erzbischofs eingeholt. Das war ein Fehler. Dazu hat der Kardinal auch einen Brief geschrieben.

GA: Sie haben mal gesagt, Christen müssen frecher werden...

Koch: Die Aussage bezog sich darauf, dass wir in der Gesellschaft "frecher" auftreten müssen. Wir dürfen nicht nur reagieren. Ich habe auch kein Problem damit, dass es in der Kirche Auseinandersetzungen gibt. Wir brauchen hier aber eine Streitkultur, die von Vertrauen und Zuhören geprägt ist.

GA: Inwiefern ist dabei der Runde Tisch hilfreich, zu dem Stadtdechant Wilfried Schumacher alle Katholiken in Bonn einlädt?

Koch: Er ist sinnvoll, weil auch die Leute, die nicht von den Angelegenheiten in Beuel und Godesberg betroffen sind, unruhig sind.

Zur Person:Heiner Koch, 56, studierte Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften. Der promovierte Theologe wurde 1980 zum Priester geweiht. Er war Generalsekretär des XX. Weltjugendtags Köln.

2006 wurde Koch zum Bischof geweiht und ist Beauftragter für den Pastoralbezirk Süd des Erzbistums.

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