Bonns Oberbürgermeister ein Jahr im Amt WCCB - ein "Dämon" über der Stadt

Der 21. Oktober 2009 in Bonn: Jürgen Nimptsch ließ sich erstmals als neuer Oberbürgermeister im Amt fotografieren. Er hatte sein persönliches Ziel erreicht, und gute Nachrichten dominierten damals. Die beste: Am WCCB wird wieder gebaut, um es zumindest winterfest zu machen.

Bonn. Der 21. Oktober 2009 in Bonn war ein recht sonniger Tag mit angenehmen 15 Grad: Jürgen Nimptsch stand auf der Rathaus-Freitreppe und ließ sich erstmals als neuer Oberbürgermeister im Amt fotografieren. Er hatte sein persönliches Ziel erreicht, und gute Nachrichten dominierten damals. Die beste: Am WCCB wird wieder gebaut, um es zumindest winterfest zu machen.

Ein Jahr später: Das WCCB geht in den zweiten Winter, scheint immer mehr zur Bauruine zu werden, während die Verhandlungen im Hintergrund weiterlaufen. Die von Nimptsch angekündigte Bürgerbefragung hat nicht stattgefunden. Die gesammelten Mitarbeiter-Ideen aus dem Projekt "Schatzkiste" sind noch nicht umgesetzt.

Und das damalige Versprechen, dass natürlich die Planungen fürs Beethoven-Festspielhaus weitergehen werden, hat sich erst einmal atomisiert. Nimptsch selbst legte das Projekt Ende April auf Eis. Eine schlechte Jahresbilanz also für den neuen Mann an der Spitze der Stadt? "Alle Ziele habe ich sicherlich nicht erreicht", räumt Nimptsch ein.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Ein Jahr OB Nimptsch in Bonn: Klares Profil ist gefragt"Es sei eben nicht alles auf einmal gegangen, es seien Veränderungen und "Ereignisse" eingetreten, und auch Verzögerungen wie bei der Bürgerbefragung, die jetzt erst im Januar 2011 starten soll. Zuviel versprochen, Herr Oberbürgermeister? Nein, findet der.

So schlecht habe er sich eigentlich gar nicht geschlagen, denn Bonn habe sich wirtschaftlich als "starke Stadt" weiterentwickelt, die Einwohnerzahl wachse unentwegt, man investiere weiter viel Geld in Schulen und Kindergärten (rund 46 Millionen Euro in diesem Jahr), halte den Kulturstandort nach wie vor hoch und habe den Nothaushalt verhindern können, um trotz der Finanzklemme einen eigenen Gestaltungsspielraum behalten zu können.

Wäre da nicht dieses verdammte Ding mit Namen WCCB, das wie ein "Dämon" über der Stadt schwebt, ja sogar die ganze Verwaltung lähmt. Als Nimptsch das so sagt, ballt er instinktiv die Fäuste und weiß: Dieser Spuk ist noch lange nicht zu Ende, der "Dämon" ist noch nicht besiegt.

Aber auch die Art des Jürgen Nimptsch, die Dinge in die Hand zu nehmen, bleiben nach einem Jahr nicht ohne Widerspruch. Er selbst versteht seine Rolle mehr als Moderator, weshalb Beobachter die Führungskraft vermissen. Er entscheide zu wenig, sei zögerlich und zeige keine Manager-Qualitäten.

"Das ist interessant, dass Sie das sagen", meinte der 56-Jährige im GA-Gespräch, "weil man mir in Sachen Festspielhaus von der Politik zu viel Führung vorgeworfen hatte, nachdem ich das Projekt vorerst auf Eis gelegt habe, weil keinerlei politische Mehrheit dafür erkennbar war."

Aber hat er als Chef von 5 000 Mitarbeitern auch die Verwaltung im Griff? Nimptsch hat zumindest Kante gezeigt und seinen bestbezahlten Mitarbeiter Friedhelm Naujoks, den früheren Chef des Gebäudemanagements, des Amtes enthoben, ihn in ein Einzelbüro versetzt, wo er sich "nur" noch mit Fragen der Sanierung oder des Neubaus des Stadthauses beschäftigt.

Auch sonst hat der OB mit dem Personal einiges vor: Er will den so genannten Münchner Führungsdialog probeweise in drei Ämtern ausprobieren, dabei werden Vorgesetzte von Mitarbeitern beurteilt. Das werde auch personelle Änderungen nach sich ziehen, kündigt Nimptsch an.

Die Bürger müssen sich für die beiden kommenden Jahre auf weitere Einschränkungen im städtischen Angebot einstellen. Abgesehen vom Bereich Kinderbetreuung plant Nimptsch, weitere 50 Millionen Euro einsparen. Weitere Steuer- oder Gebührenerhöhungen werde es aber wohl nicht geben.

Zur PersonJürgen Nimptsch, am 16. April 1954 in Wesseling geboren, studierte in Bonn Deutsch und Sport auf Lehramt. Von 1996 bis zu seinem Amtsantritt als Bonner Oberbürgermeister am 21. Oktober 2009 leitete er die Gesamtschule in Beuel. Seit 1985 ist Nimptsch Mitglied der SPD. Er lebt mit seiner Familie in Beuel.

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