Botanischer Garten Bonn Titanenwurz lockt wieder viele Besucher

BONN · Um Schlag 15.30 Uhr begann sich am Samstag die Blüte einer Titanenwurz im Botanischen Garten der Universität Bonn zu öffnen. Schnell sprach sich herum, dass sich die Blume mit dem größten unverzweigten Blütenstand des Pflanzenreiches geöffnet hatte.

Botanischer Garten Bonn: Titanenwurz lockt wieder viele Besucher
Foto: Christoph Schmidt

Am Sonntagmorgen zog die 20. Bonner Blüte, trotz ihres für eine Amorphophallus titanum mit 1,80 Meter nur durchschnittlich großen Blütenstands, bereits Massen an Besuchern an.

"Wir sind in Bonn ja etwas verwöhnt mit den Rekorden der vergangenen Jahre. Die aktuelle Blüte liegt aber unter allen weltweit gezogenen Pflanzen genau im Durchschnitt", sagte der Kultivator und Gärtner Michael Neumann. Beeindruckende 2,74 Meter wuchs eine Titanenwurz 2003 im Bonner Gewächshaus in die Höhe, 2009 konnten die Botaniker dort erstmals außerhalb Sumatras eine Titanenwurz ziehen, die drei gleichzeitig wachsende Blütenstände hervorbrachte.

"Auch wenn sie nun nur durchschnittlich groß ist, die Besucher sind trotzdem fasziniert von der Pflanze", merkte Neumann an. Er behielt die etwa 22,5 Kilo leichte Knolle den gesamten Samstag im Blick, um jeden Schritt zu dokumentieren. "Ich konnte ihr quasi beim Öffnen zuschauen. Für unser Auge geht das zwar immer noch sehr langsam vor sich, aber wenn man 20 Minuten mal nicht hingeschaut hat, sah man sehr deutlich was passiert." Gegen 21.30 Uhr hatte sich die Titanenwurz voll geöffnet und verströmte auch schnell den für sie typischen Geruch nach verwesendem Aas.

"In der ersten Nacht beginnt sie sehr markant zu stinken. Mittlerweile wurde herausgefunden, dass sie sich genau dann in ihrer weiblichen Phase befindet und zum Bestäuben Aaskäfer anzieht", so Neumann. Die Käfer kriechen in die Blätter und verbringen die Nacht in der Blüte.

Bereits Sonntagmorgen gegen 10 Uhr war der geradezu bestialische Gestank fast verklungen. "Zwischen 17 und 18 Uhr begann die zweite Phase, die männliche. Bevor die nächste Nacht anbricht, regnen in ihr klebrige Pollen auf die Käfer runter. Logisch, dass der Gestank dann auch weg ist, ansonsten würden sich die Bestäuber ja zu wohl fühlen und keinen Grund haben weiterzuziehen", sagte er.

Heidrun Siebeck war fasziniert von dem purpur- und cremefarbenen Blütenstand. "Dass sie jetzt schon nicht mehr so stark stinkt, ist ganz angenehm", sagte sie lächelnd. Am Vorabend habe es die schwangere Frau eines befreundeten Botanikers nicht aushalten können, so Neumann.

Auch die Studentinnen der Agrarwissenschaften Isabelle Hirsch und Jenny Bücher wollten das seltene Ereignis nicht verpassen. "Über Facebook haben wir davon erfahren, dass es soweit ist", sagte Hirsch. Wirklich hübsch sei sie ja eigentlich nicht. "Wenn sie blüht, will man dabei sein, aber schön ist sie im Grunde nicht", sagte sie.

Titanwurz

Die Titanenwurz oder Titanwurz (Amorphophallus titanum) gehört zur Familie der Aronstabgewächse. Die Blume besteht aus einer massiven Knolle, die in regelmäßigen Abständen ein einziges Laubblatt bildet. Zwölf bis 20 Monate bleibt das gigantische Blatt, es erinnert an einen Baum, erhalten, um Nährstoffe aufzubauen und in der Knolle zu speichern. Nach dieser Vegetationsphase stirbt das Blatt ab. Die Pflanze geht in eine Ruhephase.

Bildet die Titanenwurz Blütenstände, erreichen sie enorme Ausmaße, die aus blütenbiologischer Sicht die größte Blume der Welt darstellen. Werden die getrenntgeschlechtlichen Blütenstände nicht bestäubt, stirbt die Blüte ab, ansonsten bilden sich innerhalb von acht Monaten orangerote Beeren. Die Botanischen Gärten werden während der dreitägigen Blühphase (vermutlich bis morgen) jeweils von 10 bis 18 Uhr für Besucher geöffnet sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort