OB Nimptsch legt sich mit Rechnungsprüfern an

Diesmal geht es um die Eröffnungsbilanz für die städtische Vermögenslage. Oberbürgermeister fordert die eigenen Kontrolleure auf, bei der Taxierung von Stadtvermögen nicht so kleinlich zu sein.

Bonn. Gute Freunde werden Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) und die Prüfer vom städtischen Rechnungsprüfungsamt wohl nicht mehr. Diesmal geht es aber nicht um das WCCB-Debakel, in das die Prüfer mit ihrem 475 Seiten starken RPA-Bericht Licht brachten, sondern um die Eröffnungsbilanz für die städtische Vermögenslage.

Die liegt auch dreieinhalb Jahre nach Einführung des Neuen kommunalen Finanzmanagements (NKF) nicht vor (siehe Bericht unten), weshalb das RPA dem Kämmerer jetzt eine Frist bis zum 15. August für die Abgabe des Entwurfs gesetzt hat.

Die Rechnungsprüfer In einer Sonderrolle befindet sich das Rechnungsprüfungsamt. Es ist zwar ein städtisches Amt und dem OB-Dezernat zugeordnet, allerdings ein unabhängiges. Die Prüfer werden vom Stadtrat bestellt und können auch nur von ihm abberufen werden. Das RPA ist per Gesetz dem Rat unmittelbar unterstellt und verantwortlich. Es kann damit verwaltungsintern weitgehend unabhängig tätig werden.Diesen Brief hat das RPA, offenbar um der Dramatik Nachdruck zu verleihen, auch den zuständigen Politikern in den Ratsfraktionen geschickt. Dies wiederum ist eine Vorgehensweise, die den Oberbürgermeister auf die Barrikaden bringt. "Dies beanstande ich ausdrücklich", schreibt Nimptsch dem RPA in einem geharnischten, vierseitigen Brief, der dem GA vorliegt. Solche Dinge seien über ihn auf den Verwaltungsweg zu bringen.

Und dann bekommt das RPA sein Fett weg: Der Brief lasse jegliches Bemühen um einen konstruktiven Lösungsansatz vermissen. Und die Fristsetzung von zwei Wochen innerhalb der Urlaubszeit sei als "untauglicher Versuch" zu werten, der Stadtverwaltung die Verantwortung für die fehlende Eröffnungsbilanz zuschreiben. Mehr noch: Das RPA stelle lediglich Forderungen auf, erkenne aber abgelieferte Daten nicht an.

Die Eröffnungsbilanz der Stadt Bonn Zum 1. Januar 2008 hat die Stadt ihr Haushaltswesen auf das Neue kommunale Finanzmanagement (NKF) umgestellt, das kaufmännische Grundsätze anwendet. Zentraler Bestandteil ist die Eröffnungsbilanz, die das städtische Vermögen, die Schulden und die Ertragslage darstellt - also eine Art Inventur des städtischen Besitzes. Dafür muss etwa auch der genaue Wert der 80 000 Bäume, 40 000 Straßenabschnitte und 154 Brücken ermittelt werden.

Bisher existiert die Bilanz nur im Entwurf, die erste Fassung wurde vom RPA abgelehnt. Die Prüfer müssen das Zahlenwerk testieren, dann wird es vom Stadtrat abgesegnet. Dies soll in der Dezember-Sitzung geschehen. Laut Stadt ist durch die verspätete Vorlage der Eröffnungsbilanz die Genehmigung des Haushalts 2011/12 nicht gefährdet.Letztlich geht es um das städtische Vermögen und dessen Bewertung: Mit welchem Wert sind Straßenbäume oder Grünflächen anzusetzen? Mit welchen Beträgen der städtische Forst? Offenbar wollten die RPA-Mitarbeiter den Wert bestimmten städtischen Eigentums niedriger ansetzen als dies der Kämmerer tut. Dies wird in der Verwaltungsspitze als kleinlich angesehen, als Streiten um Abweichungen von nur Zentimetern, zum Beispiel beim Brusthöhendurchmesser von Bäumen.

Nimptsch schreibt: "So sehr ich als Oberbürgermeister an einer testierten Eröffnungsbilanz interessiert bin, so sehr bin ich davon überzeugt, dass es niemals nur einen Weg geben kann, um den Wert eines Baumes, einer Wiese oder Gebüsches zu ermitteln." Mit seiner Kritik am RPA macht sich Nimptsch nicht nur Freunde. Der Bürger Bund Bonn wertet den Brief des OB als Angriff auf die Unabhängigkeit des RPA.

"Die schonungslose Aufarbeitung, nicht zuletzt beim WCCB, ist vielen anscheinend ein Dorn im Auge", erklärte Ratsherr Johannes Schott. Er erinnert daran, dass der OB sich eine sechsstellige Summe für die externe Beratung der Fachverwaltung habe genehmigen lassen, um die Eröffnungsbilanz zu erstellen. "Damit hat er die ursprüngliche Auftragssumme mehr als verdoppelt."

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Schulden oder Vermögen"

Ganz anders sieht das die SPD. Das RPA würde sich offensichtlich viel zu lange mit kleinlichen Fragen nach dem Wert von Bäumen und Grünflächen aufhalten, so Fraktionschef Wilfried Klein: "Ein klarer Fall von falscher Prioritätensetzung: Den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennen."

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