"Nahverkehr auf Stand der 80er Jahre"

Verkehrsclub Deutschland kritisiert Zustände bei Bus und Bahn scharf, setzt "Qualitätsoffensive" in Gang und richtet Internetportal für Beschwerden ein

"Nahverkehr auf Stand der 80er Jahre"
Foto: VCD

Bonn. Kaum ein gutes Haar am Bonner Nahverkehr lässt der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Ob Pünktlichkeit und Information der Fahrgäste, Zustand des Busbahnhofs, mit Reklamefolien verklebte "dunkle Busse" oder die Sauberkeit an Haltestellen - die beiden VCD-Kreisvorstandsmitglieder Rainer Bohnet und Wolfgang Groß wollen nicht mehr untätig sein und sich wie viele andere Fahrgäste weiter täglich ärgern.

"Es hakt an vielen Ecken und Enden", meint Bohnet. "Und wenn man sich beschwert, landet man im Nirwana." Deshalb kommt er zum Ergebnis: "Es gibt bei den Stadtwerken kein funktionierendes Beschwerdemanagement." Anders etwa bei den Kölner Verkehrsbetrieben, wo direkt auf der Internetseite eine Beschwerde vorzubringen sei.

Künftig sollen das auch die Fahrgäste in Bonn tun können - auf der Homepage des VCD ( www.vcd.org/bonn). Die Beschwerden und Anregungen will der VCD dort sammeln, sortieren und die Einzelprobleme bei Terminen mit Stadtwerken, Regionalverkehr Köln und Verkehrsverbund vortragen. Und dabei auf Abhilfe drängen. Nicht zuletzt will der VCD, der nach eigenen Angaben im Bonner Stadtgebiet 900 Mitglieder hat, mit seiner "Qualitätsoffensive" der Politik auf die Füße treten und Druck aufbauen.

Welcher Art die Klagen sein dürften, da muss Bohnet nicht lange überlegen: "Die Anschlüsse sollen funktionieren, die Busse nicht vor der Nase wegfahren und nicht bis zur Halskrause vollgepackt sein", meint er. Der Nahverkehr in Bonn sei nicht so schlecht, dass er nicht benutzbar sei. "Aber wir sehen unsere Aktion als Kooperationsangebot und vielleicht auch als Ersatz für den Fahrgastbeirat, den es früher gab."

Für Bohnets Vorstandskollegen Groß ist immer wieder erstaunlich, wie sehr Anspruch und Wirklichkeit des Bonner Nahverkehrs auseinander klaffen, wie er sagt. "Der ÖPNV in Bonn steht auf dem Entwicklungsstand der 80er Jahre. Und es ist keine Weiterentwicklung sichtbar", findet er. "Ich wundere mich, dass Bonn mit dem Anspruch, Bundesstadt zu sein, sich einen so miserablen Service leistet."

Allein der Umstand, dass man bei Beschwerden keine Rückmeldung erhalte - unmöglich. Weitere Kritikpunkte, die der VCD aus eigener Erfahrung vorbringt:

  • Der Busbahnhof ist unübersichtlich, die Unfallgefahr groß, die Information dort schlecht.
  • "Dunkle Busse" sind immer wieder ein Ärgernis. "Das findet kein Fahrgast gut", so Bohnet.
  • Sonntagmorgens auf der Voreifelbahn: Die RB 23 fährt nur mit einem Triebwagen, Tagestouristen mit Rädern bleiben zurück.
  • Wer Klagen über Haltestellen hat, steht laut VCD vor dem Dilemma: Für den Fahrplan sind die Stadtwerke zuständig, für Müll die Stadt und für das Haltehäuschen die Deutsche Städtereklame.
  • Durchsagen seien akustische und rhetorische Katastrophen, findet Bohnet. "Vorige Woche beim Brand der Stadtbahn am UN-Platz war die Ansage in Godesberg völlig unverständlich."
  • Auch der Auftritt des Personals sei verbesserungswürdig. So sehe man immer wieder Service-Mitarbeiter "im Rudel" beieinander stehen, die aber nicht auf Kunden zugehen würden.

Dass der Bonner Nahverkehr immer noch Zuwachsraten verzeichnet, ist für die VCD-Funktionäre kein Widerspruch. Viele führen nicht mit Bus und Bahn, weil sie wollten, sondern weil sie müssten. Und wer damit nicht fahre, bringe als Grund dafür immer wieder vor: "Zu teuer, zu unzuverlässig, zu unkomfortabel."

Weitere Infos: www.vcd.org/bonn

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