Missbrauch am Ako: Eine Mahnwache für die Opfer

Engelbert Decker ist die Anspannung anzumerken. Zum ersten Mal tritt der bekannte Mediziner namentlich als Betroffener des Missbrauchsskandals am Aloisiuskolleg (Ako) auf.

Missbrauch am Ako: Eine Mahnwache für die Opfer
Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg.Engelbert Decker ist die Anspannung anzumerken. Zum ersten Mal tritt der bekannte Mediziner namentlich als Betroffener des Missbrauchsskandals am Aloisiuskolleg (Ako) auf. Mit zwei Vertreterinnen der US-amerikanischen Snap-Gruppe, der vor 22 Jahren gebildeten Organisation für Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester, vertritt Decker am Mittwochmorgen vor der Ako-Haupttreppe die Bonner Betroffenengruppe "Eckiger Tisch" bei einer Mahnwache.

Auch Mechtild Schröder-Toyka, die Mutter eines Betroffenen, ist dabei. Die übrigen Mitglieder der Bonner Gruppe wollen für die Öffentlichkeit anonym im Hintergrund bleiben. "Wir danken Ihnen sehr, dass Sie uns mit den Erfahrungen Ihrer Gruppe helfen, auch hier bei uns die Mauer des Schweigens weiter zu durchbrechen", sagt Decker zu den Amerikanerinnen.

Barbara Dorris, die ihr Foto als unschuldiges Kommunionskind hochhält, berichtet ergreifend, wie sie unter ihrem Gemeindepriester litt. Joelle Casteix neben ihr ist in der Schulzeit Opfer eines Geistlichen geworden. "Ich habe 40 Jahre gebraucht, bis ich endlich über diese schrecklichen Erfahrungen reden konnte", sagt Dorris. Jetzt wollten sie die nachwachsenden Generationen vor Missbrauch schützen, aber auch den Betroffenen Mut machen, sich zu erklären und von den kirchlichen Organisationen die Öffnung der Archive zu fordern.

"Die Entschuldigung des Papstes macht das Leben von Kindern noch nicht sicherer. Wir fordern von ihm, dass er auch die staatlichen Behörden zu unabhängigen Untersuchungen animiert", erklären die Frauen. Außerdem müsse jeder, der von einem Sexualverbrechen wisse, die Täter bei der Polizei anzeigen, um andere zu schützen.

Sie wünsche sich bei dieser Mahnwache vor der ehemaligen Schule ihres Sohnes, dass der Jesuitenorden nicht nur die Täter in seinen Reihen, sondern in erster Linie die Opfer und ihre Angehörigen unterstützt, meint Schröder-Toyka. "Hier im Ako sind so viele Leben zerstört worden, hier geschah Seelenmord."

Er erhoffe sich mit dieser Aktion, dass es noch viel mehr Opfer schafften, die Vergangenheit offen anzugehen, damit sie schließlich Heilung erfahren und das Trauma massivster Beschädigung ablegen könnten, ergänzt Engelbert Decker. "Aber wir haben so viele Jahre schwere Lebensrucksäcke mit uns herumgetragen, dass unsere Rücken so schnell nicht heilen werden."

Auch für die Täter wünsche er letztlich Heilung davon, dass sie Schutzbefohlenen "das Leben zertraten". Und er hoffe, dass seine ehemaligen Klassenkameraden ihn, der sich hiermit als Betroffener oute, nicht meiden werden, fügt Decker dann nachdenklich hinzu. "Letztlich will ich auch wieder ohne Scham meine ehemalige Schule betreten können."

Genau dafür scheint das Ako selbst die Hand auszustrecken. Man wolle Betroffenen gerne die Tür öffnen und ihnen helfen, erklärte Ako-Sprecher Robert Wittbrodt dem GA am Nachmittag. Im Nachhinein hat das Kolleg von der Mahnwache erfahren. Die Aufklärung über die Missbrauchsfälle dürfe nicht steckenbleiben, und es müssten deutliche Konsequenzen gezogen werden. "Was wir tun können, das möchten wir auch weiter dafür tun."

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