Ersatzdrogen Methadon und L-Polamidon Methadon-Arzt steht vor Gericht

BONN · Ein Bonner Mediziner soll leichtfertig Ersatzdrogen an seine Patienten vergeben haben. Jetzt muss es sich vor dem Bonner Landgericht versntworten.

Mit der Frage, ob ein Bonner Substitutions-Arzt seinen drogenabhängigen Patienten jahrelang entgegen den Vorschriften die Ersatzdrogen Methadon und L-Polamidon gleich für mehrere Tage mit nach Hause gegeben hat, muss sich seit Montag die 1. Große Strafkammer des Landgerichts beschäftigen.

Zwischen März 2006 und Februar 2009 hat der 57 Jahre alte Mediziner laut Anklage an 55 Patienten unerlaubt Substitutionsmittel vergeben. 45 Minuten brauchten die beiden Staatsanwälte, um die von ihnen bereits zusammengefassten 3755 Einzelfälle vorzutragen.

In ihren Augen ist von einer Vielzahl weiterer Fälle auszugehen. Die strafrechtlichen Vorwürfe, die dem Arzt gemacht werden: Verstöße gegen die Betäubungsmittelverschreibungsordnung, das Betäubungsmittelgesetz und die Richtlinien der Bundesärztekammer. Obwohl die kassenärztliche Vereinigung maximal die Betreuung von 100 drogensüchtigen Patienten zulasse, soll der 57-Jährige bis zu 450 Patienten zeitgleich behandelt haben.

Entgegen den Vorschriften soll der Mediziner den Patienten schon nach kurzer Zeit die Ersatzdrogen gleich für mehrere Tage mit nach Hause gegeben haben - was anscheinend zur Folge hatte, dass die Betäubungsmittel auch in der Szene am Bonner Loch weiterverkauft wurden.

Zudem wird der Arzt beschuldigt, seine Patienten nicht ausreichend untersucht, für sie kein Therapiekonzept erstellt und nur unregelmäßig den Beikonsum von harten Drogen kontrolliert zu haben. Und er soll sich an den Drogenabhängigen bereichert haben: Bis zu 25 Euro pro Woche habe er von den Patienten gefordert. Die Staatsanwälte gehen davon aus, dass der Arzt dadurch mindestens 49 500 Euro zusätzlich kassiert hat.

Am ersten Verhandlungstag schwieg der Angeklagte zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Einer seiner Verteidiger vertrat die Auffassung, dass dies kein Fall für ein Strafgericht sei. Die Angelegenheit gehört seiner Meinung nach vor ein Verwaltungs- und ein Sozialgericht, um die Fragen der Berufszulassung und der Zulassung als Substitutionsarzt zu klären. Gegen das zunächst angeordnete Ruhen der Approbation hatte sich der Arzt erfolgreich gewehrt. Er praktiziert anscheinend weiterhin.

Der Kammervorsitzende Hinrich de Vries sprach von einem "ungewöhnlichen Fall", dessen "spezielle Konstellation" zum ersten Mal vor dem Landgericht verhandelt werde. Es handele sich nicht um einen normalen Drogenprozess. Vielmehr gehe es um das "ärztliche Verhalten". In dem Verfahren müsse nun geklärt werden, welche Vorgaben es gab und wie strikt diese zu handhaben waren.

Staatsanwaltschaft und Gericht seien dafür da, solche Regeln zu verteidigen. Dem Angeklagten wurde verdeutlicht: "Es wird nicht ausreichend sein zu sagen: Andere haben es auch so gemacht", so der Vorsitzende. Die Prozessbeteiligten müssen sich wohl auf einen langen Prozess einstellen.

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