Jesuitenorden reagiert verhalten auf Aufklärungsarbeit am Ako

Alle warten auf die Aussage des Anfang Februar zurückgetretenen Ex-Rektors.

Jesuitenorden reagiert verhalten auf Aufklärungsarbeit am Ako
Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. Prescht das Aloisiuskolleg in der Aufklärungsarbeit seiner Missbrauchsvorfälle schneller voran, als es der katholischen Kirche derzeit lieb ist? Anfang vergangener Woche hatten Ursula Raue, Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens, und der Leitungsstab des Ako ihre bislang gesammelten Daten über Täter und Opfer der von 1946 bis 2005 reichenden Übergriffen verglichen.

Das Gymnasium hatte parallel dazu einen Katalog an Vorschlägen auch an den Orden präsentiert. Das Lob für diese ebenso schmerzhafte wie akribische Arbeit hört sich aus der Jesuitenzentrale in München ziemlich verhalten an.

"Der Provinzial, Pater Stefan Dartmann SJ, beurteilt die bisherigen Untersuchungen von Ursula Raue sowie des Arbeitsstabes im Aloisiuskolleg als wertvolle Beiträge für eine umfassende Aufklärung der Vorwürfe", sagte Thomas Busch, Leiter des Öffentlichkeitsreferats der Deutschen Provinz der Jesuiten, dem GA. Der Provinzial werde die Ako-Anregungen "sorgfältig prüfen".

Der Arbeitsstab hatte vorgeschlagen, Ehemalige aus den 50er und 60er Jahren und weitere Betroffene zu Gesprächen zu ermutigen und unabhängige Ombudsleute von außen als Gesprächspartner zu benennen.

"Es wurden bereits Überlegungen angestellt, wie die Rolle einer Ombudsperson gestaltet werden könnte", kommt als Antwort aus München. Aber grundsätzlich sei schon die Tätigkeit von Ursula Raue so konzipiert, dass sie dem Profil einer externen Stelle entspreche, fügt Busch hinzu.

Eine Konkretisierung der vorgeschlagenen Schritte könne indes nur das Ergebnis sorgfältiger Beratungen und Abstimmungen sein und erfordere daher "eine gewisse Zeit". Über die scheint aber der Ako-Krisenstab nicht zu verfügen. "Wir erleben nach so vielen Vorwürfen eine Zeit der Desillusionierung", drückt es Ako-Sprecher Robert Wittbrodt aus.

Das Kolleg hat gut 800 Schüler, die Lehrer, Eltern und Ehemaligen im Rücken, denen weiter Fragen auf den Nägeln brennen und die, wie vier Schüler es kürzlich im GA-Interview ausdrückten, nichts sehnlicher wünschen, als nach einem offensiven "Reinigungsprozess" einen Neuanfang zu starten.

Gerade da gelte es die Rolle des Anfang Februar zurückgetretenen Rektors Pater Theo Schneider zu klären, so Wittbrodt. Der Ako-Arbeitsstab, in dem neben dem kommissarischen Rektor Pater Ulrich Rabe auch zwei weitere Jesuiten sitzen, hatte der Münchener Ordenszentrale empfohlen, eine externe Stelle einzurichten, die prüfen solle, inwieweit frühere Entscheidungsträger ihre Verantwortung im Umgang mit Vorwürfen oder eventuellen Kenntnissen von sexuellem Missbrauch wahrgenommen haben.

Auf die Frage, wann denn der von Betroffenen der Mitwisserschaft beschuldigte Ex-Rektor Schneider öffentlich Stellung nehme, antwortet Busch eher ausweichend. Ob überhaupt, wann und wie das passiere, hänge wesentlich auch von den Ergebnissen der Untersuchungen der Missbrauchsbeauftragten ab.

Wobei gerade an diesem Punkt der Hase im Pfeffer liegt. Pater Schneider ist wohl der Einzige, der eines aufklären könnte: warum der des vielfachen sexuellen Missbrauchs beschuldigte heute 82-jährige Ako-Pater, der jetzt im Pflegeheim wohnt, auch nach Erscheinen des ihn belastenden Buches eines Ex-Schülers (2004) und nach einem durch die Anwältin Raue vermittelten Austausch mit einem Opfer (2006) noch bis 2007 im Internat ungehindert mit Unterstufenschülern zusammen sein und bis Ende 2008 unbehelligt auf dem Ako-Gelände bleiben konnte.

Wie berichtet, belastet für 2005 ein jetziger Schüler diesen Pater des sexuellen Missbrauchs. Hätte nicht wenigstens das verhindert werden können, heißt die Frage an den Orden. "Das Mediationsverfahren zwischen dem Altschüler und dem Pater unter der Vermittlung von Frau Raue fand 2007 statt. Die Versetzung des Paters im Anschluss daran ist auch eine Konsequenz daraus", so Busch.

Dass der Pater 2007 des Internats überhaupt verwiesen wurde, will entgegen der Münchener Sprachregelung das Kolleg nicht bestätigen. Ako-Sprecher Wittbrodt legt großen Wert auf die Feststellung, "dass Christopher Haep, der schon 2007 Internatsleiter war, bis heute keinerlei Informationen darüber hat, dass es damals personelle Konsequenzen gegeben hat."

Und wie ist eigentlich der Zustand des von derzeit 30 Personen beschuldigten 82-Jährigen, wenn es zum Gerichtsverfahren käme? "Die Frage einer möglichen Verhandlungsfähigkeit des Paters wird fachmedizinisch zu klären sein", sagt Busch.

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