Hotline für Ako-Missbrauchsopfer

Dekanat Bad Godesberg hat ab Samstag ein kostenfreies Seelsorgetelefon geschaltet

Hotline für Ako-Missbrauchsopfer
Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. Während das von Vorwürfen sexueller Missbrauchsfälle geschockte Aloisiuskolleg (Ako) Schüler und Lehrer erst mal in die Karnevalstage entlassen konnte, bieten die katholischen Gemeinden Bad Godesberg praktische Opferhilfe an.

Ab Samstag hat das Dekanat in Absprache mit dem Generalvikar des Erzbistums Köln, dem Jesuitenorden und dem Ako unter der Telefonnummer (08 00) 33 03 050 zwischen 8 und 21 Uhr ein kostenfreies Seelsorgetelefon geschaltet. Anrufer können anonym bleiben.

"Wir alle sind bestürzt und besonders bedrückt über die Missbrauchsvorwürfe, die auch gegen einzelne Patres des Aloisiuskollegs erhoben werden", lässt Dechant Wolfgang Picken ab heute von den Kanzeln verkünden. "Fassungslos und beschämt" habe man die Schilderungen der Betroffenen zur Kenntnis nehmen müssen.

Jesuitalumni Die "Jesuitalumni Stellaner Vereinigung Deutschlands e.V.", die Vereinigung ehemaliger Jesuitenschüler, hat die Missbrauchsfälle an Schulen "mit großer Betroffenheit" wahrgenommen. Wie ihr Präsident Konstantin Knecht sagte, sei "jedes einzelne Vergehen an einem Schüler völlig inakzeptabel". Durch verurteilenswerte Einzelfälle sollte aber nicht die gesamte, von außergewöhnlichem Engagement geprägte Pädagogik der Jesuiten unter Generalverdacht geraten."Wir hoffen, dass sich viele dieser Vorwürfe nicht bewahrheiten. Zugleich gilt unser uneingeschränktes Mitempfinden allen Betroffenen. Ich wünsche ihnen so sehr, dass sie Hilfe erhalten und nicht an ihren Erfahrungen zerbrechen", sagte Picken dem GA.

"Wir Gemeinden müssen uns der Thematik stellen, denn viele aus allen Schülergenerationen leben hier auf unserem Territorium", so Picken. Tagsüber sei immer einer der sieben Seelsorger telefonisch erreichbar, der "alle, die etwas mit sich herumtragen", auch mit der psychologischen Beratungsstelle der Caritas oder der Missbrauchsbeauftragten der Jesuiten kurzschalten könne.

Am Telefon säßen Priester, Pastoral- oder Gemeindereferenten, Männer wie Frauen. "Ich habe der Jesuitenprovinz empfohlen, bundesweit auf niederschwelligem Niveau eine solche Seelsorge-Hotline anzubieten", will Picken einer "gewissen Agonie" der Kirche Paroli bieten.

Nur wenn man zusammenstehe, könne "das verloren gegangene Vertrauen zurückgewonnen und die Glaubwürdigkeit der Kirche wieder hergestellt werden". Bislang hätten sich mögliche Opfer und Betroffene, die nicht den Kontakt zum Ako aufnehmen wollten, an die Medien wenden müssen.

Beim General-Anzeiger gingen auch in den vergangenen Tagen Hinweise ein. Frühere Schülereltern melden sich, die die Eigenheiten des jetzt 82-jährigen, wohl über vier Jahrzehnte sexuell übergriffigen Ex-Schulleiters in neuem Licht sehen. Zeugen sprechen von "unerträglicher Pädophilie, die offen gelebt wurde". Ein Ehemaliger schilderte die Schmach, wenn man nicht zu den "Günstlingen" des dominanten Jesuiten gehörte.

Andere widersprechen. Von bösen Verleumdungen ist die Rede. Den "Rufmord an einem honorigen Mann" klagt Christoph Pilars de Pilar an. Ex-Schüler wie Albrecht von Boeselager, Großhospitalier der Malteser, streichen die exzellente Qualität des Kollegs heraus, fürchten ums Image. Das Ako wurde im Ranking eines Wirtschaftsmagazins zur viertbesten Schule Deutschlands gekürt.

Nach der Zeit, als die Nazis das Kolleg schlossen, befinde es sich jetzt in seiner schwersten Krise, "obwohl wir noch nie so gut aufgestellt waren wie heute", erklärt Ako-Sprecher Robert Wittbrodt die Misere. Die jungen Lehrer seien frustriert, sehr gute Arbeit zu leisten und doch die Suppe der Vergangenheit auslöffeln zu müssen. Laut Internatsleiter Christopher Haep sei noch kein Schüler abgemeldet worden.

"Aber natürlich gibt es Elternfragen." Im Internat werden 35 Neue erwartet. Haep wird selbst als möglicher Nachfolger des am Montag zurückgetretenen Theo Schneider gehandelt. Könnte ein Nicht-Jesuit Rektor werden? "Theoretisch ja", sagt der 35-jährige promovierte Religionspädagoge.

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