Die katholische Kirche in Bonn im Fusionsprozess Die Basis sträubt sich gegen Köln

"Wir haben insbesondere den Ehrenamtlichen viel zumuten müssen." Dieser Satz aus dem Munde von Dominik Schwaderlapp, Generalvikar im Erzbistum Köln und rechte Hand von Joachim Kardinal Meisner, stammt aus einem GA-Interview vom Mai 2009.

Die katholische Kirche in Bonn im Fusionsprozess: Die Basis sträubt sich gegen Köln
Foto: Ronald Friese

Bonn. "Wir haben insbesondere den Ehrenamtlichen viel zumuten müssen." Dieser Satz aus dem Munde von Dominik Schwaderlapp, Generalvikar im Erzbistum Köln und rechte Hand von Joachim Kardinal Meisner, stammt aus einem GA-Interview vom Mai 2009.

Schwaderlapp bezog seinerzeit Position zu der Frage, ob die großen Spar- und Fusionsprozesse des Erzbistums im zurückliegenden Jahrzehnt denn nicht viele Gläubige vor den Kopf gestoßen hätten. Sie haben es. Und sie tun es weiterhin.

Ein aktuelles Beispiel dafür ist der noch andauernde Fusionsprozess im Dekanat Bad Godesberg, wo sich alle drei Seelsorgebereiche bis 2013 zusammengeschlossen haben sollen. Außerdem diskutieren die Katholiken zurzeit erregt darüber, dass indische und tansanische Priester innerhalb Bonns die Pfarreien tauschen sollen, zwischen Beuel und Bad Godesberg.

Der dortige Pfarrgemeinderat von St. Marien und St. Servatius trat daraufhin am Donnerstag komplett zurück. Gründe für die Strukturreformen "Zukunft heute" und "Wandel gestalten, Glauben entfalten" im Erzbistum sind die rückläufigen Zahlen an Gemeindemitgliedern und damit die sinkenden Kirchensteuereinnahmen, aber auch der Priestermangel in Deutschlands Bistümern.

Um die Seelsorge in den Gemeinden auch für die Zukunft zu gewährleisten, hatte das Erzbistum Köln einen Fusionsprozess eingeleitet, der in vielen Gemeinden für Unruhe und Unmut sorgte. Nicht zuletzt beklagten viele Laien, aber auch Pfarrer die mangelhafte Kommunikation des Erzbistums. "Hätte Köln notwendige Prozesse besser erklärt, hätte man den Gemeinden viel Ärger und Enttäuschung erspart", sagte stellvertretend ein Mitarbeiter der Kirche dem GA.

Wie groß der aktuelle Konflikt ist, zeigen auch Leserbriefe, die den GA zum Godesberger und Beueler Pfarrstreit erreichen. "Blinde Wut, bösartige Hetze, die der Kirche schaden", wird den Erzbistums-kritischen Stimmen vorgeworfen. "Bravo, dass wir durch Euren Einsatz mündige Katholiken bleiben", kommt von der anderen Seite.

Stadtdechant Wilfried Schumacher, der zuletzt am Neujahrstag Verständnis für Enttäuschungen und Verletzungen in den Gemeinden bekundet hatte, wollte sich am Freitag nicht zu den neuesten Vorgängen äußern, sondern verwies auf das Erzbistum. Dort sei man für Fusions- und Personalfragen zuständig.

Dass sich aus den vom Erzbistum verfügten Strukturveränderungen "Konflikte und Missverständnisse ergeben können, scheint beinahe unvermeidbar", sagte Bad Godesbergs Dechant Wolfgang Picken. Seinen Seelsorgebereich (Pfarrei St. Andreas und Evergislus) hatte Picken schon kurz nach Amtsantritt umstrukturiert.

Doch Bad Godesberg hat, besonders westlich der B 9, immer noch sehr dörflichen Charakter. Die Südgemeinde, St. Martin und Severin, sowie das Burgviertel, St. Marien und St. Servatius, ächzen schon unter den bisherigen Zusammenschlüssen. Der Dechant forciert das Tempo. Das 8 000-köpfige Burgviertel beharrt aber auf eigenständigen Entscheidungen zumindest bis 2013.

Nach GA-Informationen haben zumindest die Gremien des Burgviertels eine andere Auffassung vom Zusammenlegungsmodell als der Dechant. Und da fallen selbst die freundlich-fürsorglichen indischen Burgviertel-Patres um Josey Thamarassery aus dem Dekanatsboot. Sie sollen - ob freiwillig oder nicht, ist die Frage (siehe auch Texte unten) - nach Beuel wechseln.

Was wiederum die Emotionen hochtreibt und die Basis zu Mahnwachen beflügelt. Die unabhängige Gruppe "Auch wir sind Gemeinde" formierte sich. Das Erzbistum konnte die Wogen nicht zeitig genug glätten, der Pfarrgemeinderat zog mit seinem Rücktritt die Notbremse.

Der Erzbischof erachtet den 10 000-köpfigen Seelsorgebereich Am Ennert als geeigneten neuen Einsatzort für die heimatlosen Patres. Erst vor sechs Wochen ist dort der beliebte Pfarrer Kurt Padberg verstorben. Was Köln hier erneut unterschätzt haben dürfte, ist die emotionale Bindung der Gemeindemitglieder an den tansanischen Pfarrvikar Innocent Lyimo, der vom verstorbenen Pfarrer als Nachfolger aufgebaut worden war und jetzt nach Godesberg wechseln soll.

Die Gemeinde fühlt sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch hier steht Weihbischof Koch als Krisenmanager vor einer äußerst schwierigen Mission. Der bisherige, nahezu abgeschlossene Fusionsprozess im Stadtdekanat Bonn hat dazu geführt, dass die 125 057 Katholiken mittlerweile nur noch 32 Gemeinden haben. 2007, als die Fusionen begannen, waren es 43.

Die Zahl der Seelsorgebereiche ist unterm Strich in der Zeit gleich geblieben. Wenn bis Ende 2013 die drei Seelsorgebereiche im Dekanat Bad Godesberg zu einem fusionieren, werden es noch elf Seelsorgebereiche im ganzen Stadtgebiet sein.

Deren Struktur ist nicht einheitlich: Die Gemeinden der Seelsorgebereiche konnten entscheiden, ob sie zu einer Gemeinde fusionieren oder als selbstständige Kirchengemeinde in einer "Pfarreiengemeinschaft" (auch Pfarrverband genannt) mit jeweils eigenem Kirchenvorstand zusammenarbeiten. Gemein ist aber allen Seelsorgebereichen, dass sie einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat (Laiengremium) und ein professionelles Seelsorge-Team haben, das von einem Pfarrer geleitet wird.

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