Übersicht Das sind die letzten großen Baugebiete Bonns

BONN · Die Bundesstadt wächst und wächst, und immer mehr junge Familien wollen bauen. Doch Grundstücke werden rar. Die Stadtplaner sehen das Ende der Fahnenstange und entwickeln Alternativkonzepte.

Nun, es ist nicht so, als ob man kein Baugrundstück in Bonn bekäme. Aber ganz einfach ist es dennoch nicht. Geht man zu den einschlägigen Anbietern im Internet, dann spuckt die Suchmaschine Dutzende Angebote aus dem Rhein-Sieg-Kreis aus. Und doch: Es gibt ein Grundstück in der Südstadt und auch eines in Beuel, das zum Verkauf steht. Sogar die Stadt Bonn bietet noch welche auf ihrer Homepage an: Da sind noch vier Baugrundstücke in Geislar, die für 275 Euro pro Quadratmeter angeboten werden, und zwei an der De-Brezé-Straße in Mehlem, für die die Stadt 355 Euro pro Quadratmeter haben möchte.

Bauland in Bonn. Nicht ganz einfach. Oder doch? "Unsere Fläche ist begrenzt", sagt Planungsamtschef Michael Isselmann. Die Stadt Bonn hat eine Gesamtfläche von rund 141 Quadratkilometern, etwa die Hälfte davon ist bebaut, und sehr viel mehr Platz ist nicht mehr da. "Denn dass Bonn so attraktiv ist, hängt nicht nur damit zusammen, dass wir viele attraktive Arbeitsplätze in unserer Stadt anbieten, sondern weil wir auch einen so attraktiven Landschaftsraum haben, der seine Attraktivität auch beibehalten soll."

Stadtentwicklung bedeute halt nicht nur, Flächen für die Bebauung zu entwickeln, sondern die Stadt maßvoll zu beplanen und zwar so, dass das Leben auch in Zeiten den Klimawandels erträglich bleibt, sagt die für die Stadtentwicklung zuständige Abteilungsleiterin bei der Verwaltung, Jeannette Wagner. "Auch scheinbar nutzlose freie Flächen haben wichtige Aufgaben, vor allem für unser Kleinklima", sagt sie. "Der Entwicklung von Baugebieten sind Grenzen gesetzt." Nicht nur das. Es gibt immer mehr Hürden. "Und das zu Recht", wie Peter Hawlitzky, Leiter des Kataster- und Vermessungsamtes, betont. In Zukunft, meint er, würde es "nicht mehr den großen Wurf" geben. Aber derzeit sind mehrere Baugebiete in Planung - ein Überblick:

  • Im Rosenfeld heißt das Plangebiet in Buschdorf zwischen Autobahn 555 und Bahntrasse. Der Satzungsbeschluss soll morgen im Stadtrat fallen. "Dann sind wir einen wichtigen Schritt weiter", so Hawlitzky. 230 Wohneinheiten können dort entstehen. Probleme hatte es in der Diskussionsphase wegen der Wechselkröte gegeben, die dort Laichgebiete hat. Aber nach verschiedenen Untersuchungen wird nun ein Leitsystem für die Wanderung der geschützten Wechselkröten installiert. Das Areal ist überwiegend in städtischem Besitz, das Verfahren kann also relativ zügig abgeschlossen werden. "Bevor dort gebaut werden kann, muss erst mal für den Lärmschutz gesorgt werden. Erschließung und Vermarktung können also ab Ende 2012 erfolgen", sagt Hawlitzky.
  • Die Ermekeilkaserne zwischen Bonner Talweg, Reuterstraße, Ermekeilstraße und Argelanderstraße wird voraussichtlich 2014 von der Bundeswehr aufgegeben und steht dann für eine zivile Nutzung zur Verfügung. 24 000 Quadratmeter in bester Innenstadtlage. "Aber es ist nicht gesichert, wann das Gelände freigezogen wird", so Wagner. Pläne habe es schon viele gegeben. Konkrete Gedanken könnte man sich für dort erst machen, wenn das Areal tatsächlich auch zur Verfügung steht. Eine Bürgerinitiative möchte daraus einen kommunikativen Raum mit neuen Wohn- und Lebensformen machen.
  • Die Gallwitz-Kaserne an der Villemombler Straße ist für 150 Wohneinheiten konzipiert. Das Gelände, das nicht mal einen Kilometer vom Duisdorfer Einkaufszentrum entfernt liegt, wird von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) verwaltet. "Wir befinden uns gerade in der Abstimmung mit der BIMA", so Hawlitzky. Ein besonderes Thema sei die Lärmeinwirkung von der Autobahn. Da das Gelände relativ hoch liegt, werde der Schall nach oben getragen. "Das Lärmgutachten liegt vor, jetzt überlegen wir, wie man planerisch darauf reagieren kann, denn bei den schwierigen Geländeverhältnissen kann man ja nicht einfach einen Wall aufschütten", erklärt Hawlitzky. Aber unter umständen könnte man die Gebäude so konzipieren, dass die Wohnräume nach innen zeigen, so Isselmann.
  • Auf dem Hölder in Röttgen sind etwa 280 Wohneinheiten angedacht. Der Kreisel am Friedhof, von der Reichstraße kommend, ist bereits gebaut. Von dort erfolgt die Zufahrt in die neue Siedlung. Allerdings sind die Eigentumsverhältnisse sehr kompliziert. "Aber das scheint sich jetzt zu lösen", so Hawlitzky. Zumindest habe man sich jetzt darauf geeinigt, dass noch in diesem Jahr die Erschließung und die Verlegung der Kanäle erfolgen könne. "Das eigentliche Umlegungsverfahren wird voraussichtlich im nächsten Jahr abgeschlossen werden", ergänzt er.
  • Neue Fakten gefährden das Projekt auf dem Miesengelände an der Dottendorfer Straße, zumindest könnten sie die bisherigen Pläne zunichte machen. Dort waren 350 Wohneinheiten in Stadtvillen und Mehrfamilienhäusern vorgesehen, sehr schicke Wohnungen sollten entstehen. Aber: Zum Zeitpunkt der Planung hatten die Stadtwerke (SWB) noch vor, das benachbarte Heizkraftwerk Süd für immer zu schließen. Die Energiewende nach Fukushima zwingt die SWB jedoch zum Umdenken. "Die Investoren überlegen gerade, wie sie darauf reagieren sollen", so Hawlitzky.
  • Rheinauer Gärten heißt das Gelände zwischen Kennedyallee, Donatus- und Kolberger Straße und umfasst rund 50 000 Quadratmeter. Hier war das Herz der früheren "Ami-Siedlung". Bis zum Wegzug der Amerikaner nach Berlin waren dort die Versorgungseinrichtungen der Amerikaner mit eigenem Kino, Commercial und Community Center untergebracht. Bis Ende 2014 sollen auf dem Areal 151 Wohneinheiten entstehen, darunter Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften, Eigentums- sowie Mietwohnungen.
  • Beckers Garten umfasst ein exklusives Rheingrundstück zwischen Heisterbachstraße, Von-Sandt-Ufer, Rheinstraße und Basteistraße. Vorgesehen sind etwa 49 Wohneinheiten. "Wir befinden uns hier noch ganz zu Beginn des Verfahrens mit dem Beschluss über die frühzeitige Bürgerbeteiligung", so Hawlitzky. Dabei müssten noch Fragen der Dichte, aber auch der Verkehrsführung geklärt werden.
  • Gleich daneben befindet sich das Gelände An der Marienkapelle, früher Sitz der Französischen Botschaft in Rüngsdorf. Hier sollen rund 50 Wohnungen errichtet werden. Das Gebiet liegt keine 100 Meter vom Rhein entfernt. Der Plan wurde mehrmals aufgrund von Bürgereingaben verändert. Doch im vergangenen Dezember wurde die Satzung des Bebauungsplans beschlossen. Dort kann es jetzt also losgehen.
  • Geislar-West: Rund 120 Wohneinheiten, überwiegend Einfamilien- und Doppelhäuser sind am rechtsrheinischen Stadtrand vorgesehen. Der Bebauungsplan ist beschlossen, zurzeit läuft das sogenannte Umlegungsverfahren. Das heißt, dass die Grundstücke auf dem Areal so neu geordnet werden, dass jeder Grundstückseigentümer zu seinem Recht kommen kann. "Das entwickelt sich ganz positiv", sagt Hawlitzky. "Man muss den Eigentümern auch die Zeit zugestehen." Er sei aber zuversichtlich, dass im kommenden Jahr mit der Erschließung begonnen werden könnte.
  • Der Wohnpark II in Vilich-Müldorf zwischen Bahnlinie und B56 wird mit rund 300 Wohneinheiten nur unwesentlich größer als der Wohnpark I sein. "Wir sind jetzt im Planverfahren und müssen jetzt alle Punkte abarbeiten: Artenschutz, Lärmschutz und so weiter. Zielhorizont sei, es 2013 zu erschließen.
  • Niederholtorf-Süd, das Gebiet zwischen Löwenburgstraße und Oberholtorf, war politisch sehr umstritten. Doch nachdem die Diskussion ausgestanden ist, steht fest, dass das Gelände gut für rund 75 Wohneinheiten ist. Allerdings hat es in diesem Gebiet Alaunbergwerke gegeben. "Das hat uns zeitlich etwas zurückgeworfen", erklärt Hawlitzky. Aufgrund der Bodenverhältnisse musste die Planung geändert werden. "Das ist jedenfalls besser, als zu riskieren, dass die zukünftigen Bauherren Risse riskieren." Nun würden die Baufelder anders gruppiert, und auch bautechnisch werde es entsprechende Empfehlungen, etwa dickere Bodenplatten und ähnliches, geben. Dadurch habe sich das ganze Projekt um ein Jahr verzögert. Mit einer Erschließung des Gebiets könne jetzt erst Ende kommenden Jahres gerechnet werden.
  • Am Bonner Bogen entwickelt der Kölner Investor Ewald Hohr auf der 33 000 Quadratmeter großen Fläche gegenüber dem Kameha Hotel ein Gebäudeensemble, in dem Wohnen und Arbeiten zusammengeführt werden sollen. Das Projekt soll in drei Bauabschnitten umgesetzt werden. Aber ein Baubeginn ist noch ungewiss, denn der politische Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Da in dem Gebiet nur Büros zugelassen sind, muss auch die Nutzungsänderung über ein Bebauungsplanverfahren festgeschrieben werden. Aber das Projekt hat gute Aussichten auf Realisierung.
  • Ungewiss ist dagegen eine Bebauung auf dem Gelände der ehemaligen Sackfabrik Duwe, das sich gleich im Süden anschließt und wo während der Sommermonaten eine Strandbar öffnet. Vor 2015 wird auf dem Areal nichts geschehen, heißt es. Wie berichtet, sollten dort sogenannte Stadtvillen mit 150 schicken Wohnungen in lockerer Anordnung gebaut werden. Doch eine Änderung im Wasserrecht machte den Bonnern vor zwei Jahren einen Strich durch die Rechnung. Die Bezirksregierung Köln verlangte ungeachtet der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen, das gesetzliche Überschwemmungsgebiet frei von jeglicher Bebauung zu halten. Also musste umgeplant werden. Für die Stadtplaner stellte sich die Frage, ob es Sinn macht, nur in der Kernzone Wohnungen zu bauen. Das Planungsamt sei dabei, ein neues Konzept auszuarbeiten. Für das Gesamtgelände sei eine Kombination von Büros, Hotel/Freizeit-Nutzung, Wohnungen, Praxen und kleinen Geschäften für den täglichen Bedarf durchaus vorstellbar.

Das ist so ziemlich das Ende der Fahnenstange. Dennoch: Die Stadtentwickler werden in den nächsten Jahren keineswegs arbeitslos werden. Es sind noch einige Gebiete in Diskussion: etwa in Buschdorf an der Ecke Kölnstraße/Otto-Hahn-Straße oder nördlich des Nordfriedhofs Am Petrusacker. Ebenfalls in den Überlegungen von Stadtplanern und Kommunalpolitikern: Am Vogelsang, Gelände eines Chemiewerks. Es biete sich jetzt die Chance für das gesamte Gebiet eine Neukonzeption zu erarbeiten, so die Stadtplaner.

Ein Thema der Zukunft ist die Nachverdichtung, also die Überlegung, wo eventuell noch Platzkapazität ist, um neuen Wohnraum zu schaffen. Da kämen etwa die Siedlungen an der Graf-Stauffenberg-Straße oder am Langwartweg in Dottendorf, an der Oppelner Straße oder auch in Pennenfeld infrage. Auch das Areal des ehemaligen Autohauses an der Reuterbrücke wäre für eine Bebauung geeignet. Allerdings ist das Gelände durch die grenzende Bahntrasse und den starken Autoverkehr ziemlich lärmgeplagt.

Und bei all dieser Übersicht über Wohngebiete ist die Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums für einkommensschwache Haushalte, also Familien, denen weniger als 1000 Euro im Monat zur Verfügung stehen, noch gar nicht berücksichtigt. Denn auch da ist ein besonders ausgeprägter Mangel festzustellen, beklagen die Sozialverbände. Wie berichtet, werden außerdem laut Verwaltung bis 2016 rund 3000 geförderte Wohneinheiten wegfallen. Im Zuge der neuen Wohnpolitik hat sie aber angekündigt, bis zu 7500 neue geförderte Wohnungen zu schaffen.

Sie haben Vorschläge für ein Baugebiet, kennen Baulücken im Stadtgebiet oder bieten gar selbst ein Baugrundstück an? Wir sammeln die Vorschläge.

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