Wegen zu viel Kleingeld Busfahrer lässt 84-Jährige stehen

BONN · Der Kunde ist König. Mit dieser Weisheit stand jetzt offensichtlich ein Busfahrer der Stadtwerke auf Kriegsfuß, als er eine Seniorin nicht in seinem Bus mitnahm. Der Grund: Die 84-Jährige soll versucht haben, ihr 1,80 Euro teures Kurzstreckenticket mit Kleingeld zu bezahlen, darunter zwei Fünf-Cent-Münzen.

Es war am 26. April an der Haltestelle Tannenbusch-Mitte, als Ingeborg Greinert mit ihren Einkäufen den Bus betreten wollte, berichtet deren Schwiegertochter jetzt. "Meine Schwiegermutter hatte dort eingekauft und zwar mehr, als sie eigentlich wollte." Wegen der schweren Tasche habe sie für die eigentlich kurze Strecke nach Hause den Bus nehmen und die drei Stationen bis zur Stolpstraße mit der Linie 602 fahren wollen.

Das Fahrgeld von 1,80 Euro hatte sie gerade noch in der Geldbörse, eigentlich genau passend für den Kauf eines Kurzstreckentickets. Als der Fahrer jedoch die beiden Fünf-Cent-Münzen in dem Kleingeld sah, sagte er nach Angaben der Schwiegertochter: "Ich bin nicht verpflichtet, das anzunehmen, ich kann Sie nicht mitnehmen."

Die alte Frau sei dann wieder ausgestiegen und zu Fuß nach Hause gegangen. Ärger auf die Stadtwerke kam dabei erst einmal nicht auf. "Sie hat das Malheur auf sich bezogen", so ihre Schwiedertochter. Im Klartext: Der alten Frau war es peinlich, dass sie ihr Ticket nicht in der verlangten Stückelung bezahlen konnte und den Bus wieder verlassen musste.

Dabei ist an der von dem Busfahrer aufgestellten Forderung nichts dran, machte Stadtwerke-Sprecher Werner Schui am Montag deutlich. "Grundsätzlich nehmen die Fahrer jedes Euro-Geld an", sagte er. Fünf Cent seien ein gesetzliches Zahlungsmittel und dürften deshalb nicht abgelehnt werden. In den Beförderungsbestimmungen gebe es aber einen Passus, dass die Fahrer nur verpflichtet seien, Scheine bis zehn Euro zu wechseln.

Bei größeren Scheinen könne der Fahrer eine Quittung über das restliche Wechselgeld herausgeben, die überall bei den SWB eingelöst werde. Und die Möglichkeit, dass jemand sein Ticket komplett mit Ein-Cent-Münzen bezahlt? "Das kommt in der Regel in der Praxis nicht vor", so Schui.

Selbst wenn jemand nicht das gesamte Fahrgeld zusammen bekommt, könne er trotzdem mitgenommen werden. "Der Busfahrer hätte dann die Adresse aufnehmen und die Frau mitnehmen können", sagt der SWB-Sprecher. Er kündigte an, die Vorgehensweise des Fahrers könne zum Anlass für intensive Schulungen der Busfahrer genommen werden. Die Stadtwerke wollen nun zunächst den Fahrer ermitteln und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Wenn der Vorfall sich so abgespielt habe, sei das bedauerlich, sagte der Sprecher. Dann habe der Fahrer eindeutig einen Fehler gemacht. Schui: "Die Frau hätte mitgenommen werden müssen."

Aus den Beförderungsbedingungen Nahverkehr NRW

(7.2) Zahlungsmittel (1) Das Personal ist nicht verpflichtet, Geldscheine über 10,00 Euro zu wechseln oder erheblich beschädigte Geldscheine und Münzen anzunehmen. (2) Wenn das Personal Geldscheine über 10,00 Euro nicht wechseln kann, wird es dem Fahrgast eine Quittung über den ausstehenden Betrag ausstellen. Der Fahrgast kann das Wechselgeld dann - unter Vorlage der Quittung - bei der Verwaltung des jeweiligen Verkehrsunternehmens abholen. Ist der Fahrgast mit dieser Regelung nicht einverstanden, kann er die Fahrt nicht antreten bzw. muss sie abbrechen. (Quelle: Verkehrsverbund Rhein-Sieg, gültig ab 1.1.2012)

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