Bonner wollen beim Sparen mitreden

Bonns Bürger wollen in wichtigen Fragen der Stadt mitreden. Vor allem, wenn es ums Geld geht. Das ist die Quintessenz einer sogenannten qualitativen Vorstudie, die jetzt im Ausschuss für Bürgerbeteiligung präsentiert wurde.

Bonner wollen beim Sparen mitreden
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Bonns Bürger wollen in wichtigen Fragen der Stadt mitreden. Vor allem, wenn es ums Geld geht. Das ist die Quintessenz einer sogenannten qualitativen Vorstudie, die Professor Georg Rudinger vom Zentrum für Evaluation und Methoden der Bonner Universität am Donnerstagabend im Ausschuss für Bürgerbeteiligung präsentierte.

Ursprünglich hatte Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) am Tag der Landtagswahl am 9. Mai alle Wahlberechtigten im Rahmen einer Vollbefragung fragen wollen, was ihnen in der Stadt lieb und teuer ist und worauf sie eher verzichten würden. Seine Idee stieß jedoch bei der schwarz-grünen Ratsmehrheit auf Ablehnung. Nach einigem Hickhack einigte sich der Stadtrat auf diese Vorstudie mit dem Ziel, die Bürger zunächst zu fragen, zu was und wie sie dazu befragt werden wollen.

Das ZEMDas Zentrum für Evaluation und Methoden (ZEM) der Uni Bonn wurde 1999 von Professor Georg Rudinger (Abteilung für Methodenlehre und Diagnostik des Instituts für Psychologie) gegründet.

Ein Schwerpunkt des Instituts, das wissenschaftliche Untersuchungen und Evaluationen bis hin zu Markt- und Meinungsforschungsprojekten durchführt und betreut, liegt auf der Erhebung spezieller und schwer erreichbarer Zielgruppen.

Fast 90 Prozent der Interviewten bewerteten die Idee einer Bürgerbefragung in Bonn mit "gut" (67,9 Prozent) oder "eher gut" (21,9), sagte Rudinger. Etwas mehr als sieben Prozent lehnen dagegen eine Befragung ab. Von denen, die eine Bürgerbefragung gut fänden, sprachen sich 55 Prozent für eine Befragung - ganz klassisch - per Papier-Fragebögen aus. Eine Online-Befragung im Internet würden 35 Prozent begrüßen. Gar nicht beliebt sind anscheinend Telefonumfragen, wofür nur neun Prozent plädierten.

Bei der Frage, was die Bürger interessiert, steht das geplante Festspielhaus ganz oben auf der Agenda. Dicht gefolgt von der Sorge der Bonner um die Zukunft der Schulen, von denen viele marode sind, das Geld für ihre Sanierung indes fehlt. Da ist es nur folgerichtig, dass viele Bürger vor allem bei den städtischen Finanzen einen "besonderen Handlungsbedarf" sehen, wie die Studie Rudingers außerdem ergab.

Zumal sich viele Bonner fragen, wie das World Conference Center Bonn mit welchem Geld doch noch zu einem guten Ende gebracht werden kann, oder die Stadt sich ihren Wunsch nach einem neuen Konzertsaal erfüllen will. Und genau bei diesen Fragen wollen die Bürger mitentscheiden, folgern Rudinger und sein Team.

"Ich halte für denkbar, dass es nach der Sommerpause eine Bürgerbeteiligung zu den beiden großen Themen Haushalt und Festspielhaus geben kann", sagte Nimptsch auf GA-Anfrage, wie es jetzt weiter gehen soll. Dabei orientiere sich die Verwaltung an Modellen, wie sie in Köln oder Solingen umgesetzt werden, ohne dass er jetzt schon sagen könne, welche Variante in Bonn zum Zuge komme.

In Solingen stellte die Stadt Einsparvorschläge ins Netz, die von den Bürgern gewertet werden konnten. Die bestbewerteten Vorschlägen sollen von der Politik in den Haushaltsberatungen nun berücksichtigt werden.

Für den Bürgerausschussvorsitzenden Helmut Joisten (CDU) zeigt diese Vorstudie, dass der Weg von CDU und Grünen richtig war, zunächst in kleinen Schritten vorzugehen. "Wir wollten keinen Schnellschuss", sagte er mit Blick auf das Nein der Ratsmehrheit hinsichtlich der geplanten Befragung am 9. Mai. "Damit hätten wir die Bürger nur verärgert", ist Joisten überzeugt. Eine detaillierte Bewertung der Studie will der Ausschuss erst in seiner nächsten Sitzung vornehmen.

Die qualitative VorstudieDie telefonische Erhebung im Rahmen dieser qualitativen Vorstudie fand zwischen dem 25. März und 7. April statt. Qualitative Interviews zeichnen sich dadurch aus, dass in einer freien Gesprächsstruktur einzelne Themen individuell und offen vertieft und nicht vorgegeben werden.

Zur Schaffung eines Mindestmaßes an Vergleichbarkeit hat das Zentrum einen Interviewleitfaden entwickelt. Rund 1 000 zufällig generierte Telefonnummern wurden angewählt, 237 Teilnehmer machten bei den Interviews mit. Das sind 26,7 Prozent der verwertbaren Zufallsnummern, laut Professor Georg Rudinger ist das eine hohe Teilnehmerquote.

Die Befragten waren zwischen 17 und 91 Jahre alt, der Schwerpunkt lag auf der Altersgruppe zwischen 31 und 49 Jahren. Das Verhältnis Männer und Frauen war ausgewogen, etwa zehn Prozent der Befragten haben einen Migrationshintergrund.

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