Bedingungsloses Grundeinkommen Bonner Initiative freut sich über immer mehr Zulauf

BONN · Für seine Befürworter ist es die Lösung der Probleme des modernen Sozialstaates, für seine Gegner ist es ein Freibrief zum Faulenzen und überhaupt unbezahlbar: Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist, seit es die Piratenpartei fordert, in aller Munde. Auch die Bonner Initiative Grundeinkommen hat so viel Zulauf, dass sie mit ihren Treffen in einen größeren Raum umziehen musste.

 Die Mitglieder der Initiative Grundeinkommen treffen sich jetzt im Wissenschaftsladen.

Die Mitglieder der Initiative Grundeinkommen treffen sich jetzt im Wissenschaftsladen.

Foto: Frommann

"Unser bisheriger Treffpunkt, das Kulturbistro Pauke, bot allmählich nicht mehr genügend Platz", erklärt Ruth Küpper, die zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe zählt. Im Frühjahr zog die Bonner Initiative Grundeinkommen in den Wissenschaftsladen an der Reuterstraße 157.

Die Forderung: 1000 Euro oder sogar 1500 Euro soll jeder Bürger als Grundeinkommen bekommen. Die Höhe ist nicht so wichtig, nur die Existenz soll es sichern, kulturelle Teilhabe ermöglichen und an keine Bedingung wie etwa Bedürftigkeit geknüpft sein. Bereits seit 2006 gibt es in Bonn die Projektgruppe, die sich für das BGE einsetzt. Und immer wieder gibt es neue Gesichter. Die angehende Studentin Tina und Student Dominik erfuhren auf dem NRW-Tag in Bonn von der Projektgruppe und wollten sich nun selber ein Bild machen.

Zu den regelmäßigen Versammlungen kommen mittlerweile 15 bis 20 Teilnehmer und interessierte Besucher. Die Zusammensetzung der Menschen, die sich engagieren, wirkt dabei wie ein Querschnitt durch die Gesellschaft. Unter ihnen finden sich eine Sekretärin, eine Architektin, Lehrer, eine leitende Angestellte im Finanzsektor oder ein Elektromechaniker.

"Hinter dem Grundeinkommen steckt ein faszinierender Gedanke, und den Menschen diesen Gedanken zu vermitteln, ist unser Ziel", sagt Küpper. Erst ein Einkommen ermögliche es, dass man sich in die Gesellschaft mit seinen Stärken einbringen und ein selbstbestimmtes Leben führen könne. Darum, so die Forderung der Gruppe, müsse das Einkommen von der Erwerbstätigkeit entkoppelt werden.

Doch auch die Bonner Initiative hat nicht auf alle Fragen Antworten. Besonders das Problem der Finanzierung des BGE sei ein Thema, das bei den Treffen immer wieder lebhaft diskutiert werde. Allerdings sei nicht die Frage, "ob es bezahlbar sei, sondern wie" entscheidend: "Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, findet Gründe", sagt Kurt Konnow, Mitglied der Bonner Gruppe.

Mit Infoständen ist die Initiative immer wieder bei Veranstaltungen zu Gast wie dem Interkulturellen Begegnungsfest oder dem NRW-Tag im vergangenen Jahr. Was ein BGE bewirken könnte zeigt die Gruppe mit ihrer Ausstellung "Otjivero-Omitara" über die Entwicklungen eines Dorfes in Namibia, indem das Grundeinkommen dank der Hilfe verschiedener Organisationen Realität geworden ist.

Bereits jetzt läuft die Vorbereitung für die Internationale Woche des Grundeinkommens vom 17. bis zum 23. September, zu der die Bonner Initiative verschiedene Aktionen und Vorträge plant. Mit Liedern und mit einem Theaterstück versucht die Gruppe, Menschen für die Idee zu gewinnen. Dabei erlebt sie nicht nur Zuspruch: "Bei den Reaktionen, die wir ernten, ist alles dabei. Wir bekommen positives Feedback, hören aber auch schon mal ein: Gehen Sie mir mit den Kommunisten weg", berichtet Gründungsmitglied Manfred Rubba.

Den Einwand, dass niemand bei einem BGE noch arbeiten gehen würde, lässt die Gruppe nicht gelten. "Die Deutschen wenden bereits mehr Stunden für unbezahlte Arbeit, also ehrenamtliche Arbeit (96 Milliarden Stunden pro Jahr), als für Erwerbstätigkeit (56 Milliarden Stunden pro Jahr) auf", zitiert Konnow Zahlen des Statistischen Bundesamt. "Einkommen ermögliche eben erst Arbeit und nicht andersherum."

Die Bonner Initiative Grundeinkommen trifft sich an jeden zweiten und vierten Dienstag im Monats im Wissenschaftsladen, Reuterstraße 157. Beginn ist um 19 Uhr. Weitere Infos unter www.grundeinkommen-bonn.de.

Grundeinkommen:
Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) bezeichnet ein Finanzmodell, das jedem Bürger das individuelle Recht einräumt, einen Geldbetrag oberhalb der Armutsgrenze zu beziehen, ohne Bedürftigkeitsnachweis oder Gegenleistungen. In Deutschland haben sich 99 Organisationen zum Netzwerk Grundeinkommen zusammengeschlossen. Berühmtester Vertreter des BGE-Modells ist der Unternehmer Götz Werner, Gründer der Drogeriemarktkette "dm".

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