Lifestyle Bonn ist eine Single-Hochburg

Bonn · Bonn ist eine Hochburg der Alleinlebenden. Und liegt damit an der Spitze eines allgemeinen Bundestrends, den das Statistische Bundesamt bekanntgab. Denn nach der jüngsten Statistik der Stadt sind mehr als die Hälfte der 165.614 Bonner Haushalte Singlehaushalte - insgesamt 84.798.

Packungsgrößen für den kleinen Einkauf: Auch in Bonn haben sich Supermärkte auf Single-Haushalte eingestellt.

Packungsgrößen für den kleinen Einkauf: Auch in Bonn haben sich Supermärkte auf Single-Haushalte eingestellt.

Foto: Andrea Künstle

Wie viele der in Bonn gemeldeten 318.180 Einwohner, von denen die Frauen mit 51,9 Prozent in der Überzahl sind, auch echte Singles sind, ist dieser Statistik nicht zu entnehmen.

Denn die Zahl der Menschen, die wegen der Arbeit nach Bonn zogen, während die Familie am ursprünglichen Wohnort blieb, stieg in den vergangenen Jahren, weiß auch Wieland Münch, Geschäftsführer von Limbach Immobilien. Viele sind Mitarbeiter der DAX-Unternehmen, hat der Makler beobachtet. Auch hat er die Erfahrung gemacht, dass viele Paare Freiheit und eigenen Haushalt nicht aufgeben wollen und deshalb nicht zusammenziehen. Und, so Münch: "Es gibt eine sehr starke Mittelschicht in Bonn, die den Anspruch hat: Wenn ich allein lebe, dann will ich meine 60 bis 80 Quadratmeter."

Ein Wunsch, den auch viele junge Paare hätten, und entsprechend groß sei der Bedarf an Wohnungen dieser Größe, dem der Wohnungsmarkt nicht gerecht werde. Aber Münchs Einschätzung nach fehlt es in der Stadt nicht nur an Wohnungen dieser Kategorie: "Wir haben in allen Bereichen Engpässe, und das ist auch der Grund für die explodierenden Preise." Und die werden seiner Meinung nach weiter steigen.

Die Wohnungsnot wird sich in Zukunft noch weiter verschärfen. In Bonn rechnet man der Verwaltung zufolge mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 1 000 Wohneinheiten pro Jahr. So prognostiziert das Landesamt für Statistik nach Auskunft von Elke Palm vom städtischen Presseamt für Bonn einen Zuwachs von rund 30.000 Einwohnern bis 2030. Und es sind vor allem junge Familien, die die Bundesstadt als Arbeits- und Wohnstandort schätzen.

Denn Bonn ist auch eine Stadt der Gegensätze: Der hohen Zahl der Singlehaushalte - zu einem Teil sicher auch der Universitätsstadt Bonn mit ihren mehr als 35 000 Studenten geschuldet - stehen auf der anderen Seite leicht steigende Geburtenzahlen gegenüber. Die meisten Menschen waren oder bleiben auch nicht ihr Leben lang Single, wie das Beispiel von Helga Deutscher zeigt.

Die Bonnerin war lange Familienfrau mit Mann und zwei Kindern. Dann kam die Trennung der Eheleute und der Auszug der erwachsenen Kinder. "Plötzlich sitzt man allein in seiner Wohnung", sagt sie. Weil sie aber "keine Lust auf Einsamkeit hatte", entschied sie sich für eine immer beliebter werdende Wohnform auch in Bonn: Sie zog in ein Mehrgenerationenhaus.

Als echten Single sieht sich Harald Weidlberger, der allein im eigenen Haus in Dransdorf lebt. Der Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung war nie verheiratet. Er hat guten Kontakt zu seiner Schwester, die vier Kinder hat, sagt er. "Aber es ist kein Ersatz für eine eigene Familie."

Für den Lengsdorfer "Hans Dampf in allen Gassen" Christoph Schada wird sich noch zeigen, ob er weiter alleine wohnt. "Heirat ist bei mir grundsätzlich nicht ausgeschlossen", sagt der ehemalige Bonner Karnevalsprinz und amtierende Vorsitzende des Ortsfestausschusses Lengsdorf augenzwinkernd. Und das denken wohl viele Singles in Bonn.

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