Brühler Straße in Bonn Noch fehlt das Minarett beim Moschee-Neubau

BONN · Bonns größte Moschee wächst ihrem Richtfest entgegen. Doch noch erschließt sich vielen Passanten der Rohbau an der Brühler Straße erst auf den zweiten Blick. Ein wenig unscheinbar kündet ein Schild vom "Neubau eines Gemeindehauses". Die Auskunft weiter unten gibt schon eher Aufschluss, wer dort was baut: "Al-Muhajirin Moschee Bonn e.V.".

Und dann sitzt da bereits eine von zwei kleinen Kuppeln auf dem zweistöckigen Rohbau. Für die große Kuppel wird gerade die Betonschalung vorbereitet. Das auffälligste Merkmale - das 18 Meter hohe Minarett - fehlt noch.

Ende 2012 wird der Neubau, mit einer Nutzfläche von rund 2.200 Quadratmetern und Platz für 600 Beter, das größte islamische Gotteshaus in Bonn sein. Und auch das erste, das als Moschee architektonisch erkennbar ist. (Die Fahd-Akademie in Lannesdorf ist ja im eigentlichen Sinn eine Schule.)

Abdlqalq Azrak freut sich auf den Fertigstellungstermin seiner Moschee in gut einem Jahr. Der 57-Jährige, der aus politisch-religiösen Gründen 1980 vor der Diktatur in Syrien flüchtete und 1995 deutscher Staatsbürger wurde, gehört dem Vorstand von Al-Muhajirin an. Was soviel wie "die Einwanderer" bedeutet.

In der Tat ist für den OP-Pfleger - der nicht nur ehrenamtlicher Integrationslotse der Stadt ist, sondern auch für BIG, Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit, im Integrationsrat sitzt - der Bau der Moschee Ausdruck dafür, dass der Islam in Deutschland angekommen ist.

"Die Muslime verlassen die Hinterhöfe", sagt er und spielt damit auf die beengten Verhältnisse am Sitz des Vereins in der Theaterstraße an. Dort dürften eigentlich nicht mehr als 100 Gläubige beim Freitagsgebet sein.

Doch obwohl der Verein schon zwei Gebetszeiten anbietet, rücken sich die Beter sehr auf die Pelle. Deshalb freuen sich nicht nur die bisherigen Gäste, darunter viele (ausländische) Studenten, auf absehbare Zeit an der Brühler Straße Platz für 400 männliche Beter und für 200 Frauen auf der Empore zu finden.

Überhaupt sind die Platzverhältnisse in dem Neubau kein Vergleich zu der kleinen Erdgeschoss-Moschee. Beim Rundgang über die Baustelle gelangt man über den Haupteingang rechts in einen großen Raum, der einmal der Gebetssaal für die Männer sein wird.

Daran schließt sich eine große Cafeteria an, die "zum Beispiel im Ramadan beim abendlichen Fastenbrechen auch nichtmuslimischen Gästen offenstehen soll, zum Beispiel Obdachlosen", sagt Azrak.

Links vom Hauptportal liegt ein großer Festsaal, wo beispielsweise Hochzeiten gefeiert werden können. Über eine Treppe und über einen behindertengerechten Aufzug gelangt man in den ersten Stock, wo es einen Raum für Frauen und Unterrichtsräume geben wird.

["Keine Beschwerden"] "Wir werden zusammen mit der Stadt unter anderem Nachhilfe anbieten", erklärt Azrak, der dabei vor allem an sozial benachteiligte Jugendliche aus Tannenbusch denkt. Dass man sich um diese kümmern muss, davon ist er zutiefst überzeugt. Und gibt bereitwillig Auskunft auf Fragen zu einem ganz heiklen Thema: Verfassungsschutz und Landeskriminalamt hatten die Al-Muhajirin-Moschee im Visier, weil dort "Hassprediger" Auftritte hatten und eine Gruppe junger Somalier zusammenkam, denen man Verbindungen zur radikalislamischen Al-Shabaab in Somalia nachsagte.

Während die Polizei sich trotz mehrfacher Anfrage des GA in Schweigen über die aktuelle Situation hüllt, bestreitet Azrak nicht, dass sich radikale Muslime in der Theaterstraße trafen, "doch die Zahl der Somalier hat deutlich abgenommen".

Ebenfalls nicht mehr zu den Predigern gehöre Sheikh Al-Araby, Vater von Abu Dujana, einer der Köpfe der islamistischen Gruppierung "Wahre Religion" aus dem Köln/Bonner Raum. Azrak sieht den des Deutschen nicht mächtigen Sheikh aber eher als jemanden, der von seinem Sohn zu Legitimationszwecken eingespannt wurde und als Prediger sogar mäßigend auf junge Heißsporne eingewirkt habe.

Mäßigend einwirken will der Verein Al-Muhajirin grundsätzlich auf junge Leute, die anfällig seien für Extremismus: Angefangen von Bildungsangeboten über Predigten bis hin zu der Tatsache, dass der künftige, vom Verein angestellte Imam und ein Hausmeister in dem neuen Gemeindehaus wohnen.

Dadurch soll auch verhindert werden, dass sich Extremisten an der Brühler Straße konspirativ treffen. Allerdings bleibt Azrak der Meinung: "Wenn Extremisten nur zum Beten kommen, können wir dagegen rechtlich nichts unternehmen." Wer aber Unruhe stifte, bekomme Hausverbot.

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